Die staatsnahen Betriebe verkaufen Immobilien in Milliardenhöhe an Private, was die Volksseele zum Kochen bringt. Ebenso verhökert der Bund Bauland und Häuser. Allen voran die Eidgenössische Zollverwaltung. Vor mehr als zwei Jahrzehnten hat sie begonnen, nicht mehr benötigte oder sanierungsbedürftige Zollfestungen sowie Wohnhäuser der Zöllner abzustossen.
Das führte seither zu jährlich 10 bis 15 Verkäufen, bis heute also rund 250, wie die Zollverwaltung auf Anfrage mitteilt. Darunter seien grössere Gebäude – die meisten reine Wohnhäuser –, aber auch Garagen, Schuppen und Stützpunkte direkt an der Grenze.
Verkaufsboom dank Schengen
Die Immobilien werden nicht mehr benötigt, weil es hierzulande aufgrund der Schengen-Mitgliedschaft seit 2008 keine systematischen Grenzkontrollen mehr gibt. Die hiesigen Grenzwächter sichern die Schweiz je länger, je mehr mit mobilen Einheiten. Entsprechend müssen die Zöllner auch nicht mehr wie früher direkt am Schlagbaum wohnen.
Für den Bund waren die Deals lukrativ – zumindest kurzfristig: 100 Millionen Franken wurden zugunsten der allgemeinen Bundeskasse eingenommen. Die Zollverwaltung betont, die Verkäufe hätten sich durchwegs gelohnt, weil dadurch Unterhalts- und Betriebskredite eingespart werden konnten. «Da sich der Verkauf mehrheitlich auf Wohnobjekte konzentriert, gab es keine Einschränkungen in der Auftragserfüllung», so die Oberzöllner in Bern weiter. Entsprechend versuchen sie, weitere Immobilien loszuwerden. Etwa ein Zweifamilienhaus in Thayngen SH.
SP will Wohnungen, SVP fürchtet um Sicherheit
Was Jacqueline Badran (56), die sich seit Jahren intensiv mit der Wohn- und Baupolitik befasst, auf die Palme bringt. «Die öffentliche Hand darf keinen Quadratmeter Boden verkaufen», verlangt die SP-Nationalrätin. Nicht nur in dicht besiedelten Gebieten, sondern auch auf dem Land sei der Boden ein knappes Gut, das seinen Wert nie und nimmer verliere. «Deshalb darf die Zollverwaltung nur an Gemeinden oder an Private zum Eigengebrauch verkaufen.»
Unterstützung bekommt sie bei den Zollhüsli ausgerechnet vom politischen Gegner. Allerdings kritisiert die SVP die Verkäufe aus sicherheitspolitischen Gründen: «Bei einem Flüchtlingsansturm oder anderen Krisen werden plötzlich massiv mehr Grenzkontrollen nötig. Dann muss der Bund Liegenschaften teuer zurückkaufen», sagt SVP-Nationalrat Andreas Glarner (55). Auch sei die Schweizer Mitgliedschaft beim Schengenabkommen nicht in Stein gemeisselt.