Die Natur grünt, doch politisch ist Grün auf dem absteigenden Ast. Grüne und Grünliberale haben die letzten kantonalen Wahlen verloren, die Initiative für eine Energiesteuer hatte keine Chance. Weil gleichzeitig die Freisinnigen zu Höhenflügen ansetzen, gerät das wichtigste Mitte-links-Projekt der auslaufenden Legislatur unter Druck: die Energiewende.
Siegen FDP und SVP im Herbst, könnten viele Entscheide des jetzigen Nationalrats zur Energiestrategie 2050 noch umgestossen werden. FDP-Vizepräsident Christian Wasserfallen ist der wichtigste Energiepolitiker der Freisinnigen und sagt, was sich seiner Meinung nach für eine «pragmatische» Energiezukunft ändern muss.
Ausstieg aus dem Ausstieg: Die Schweiz dürfe die «technologische Entwicklung nicht mit Technologie- und damit Denkverboten ausbremsen», sagt Wasserfallen. Ansonsten würden Kohlekraftwerke ein Revival erleben und einheimische Wasserkraftwerke in die Enge getrieben, sagt er mit Verweis auf die Situation in Deutschland.
Weniger Steuern für Wasserkraft: «Die Kantone müssen verpflichtet werden, die Wasserzinsen und die Steuerbelastung für die Betreiber von Wasserkraftwerken deutlich zu senken», fordert Wasserfallen.
Kehrtwende bei der KEV: Die Subventionen für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) sind der FDP viel zu hoch und würden «mit der Giesskanne» ausgeschüttet. Das Geld fehle beim Ausbau von Speicher- und Stromnetzinfrastruktur. Das «verzerrt den Markt».
Realistischere Ziele: Die Zielsetzungen des Parlaments bezüglich Energieverbrauch seien «absurd». Wasserfallen: «So sollen wir 2035 gleich viel Energie verbrauchen wie in den 70er-Jahren. Das ist weltfremd und würde krasse Regulierungen und horrende zusätzliche Steuern nach sich ziehen.»
Wasserfallens radikale Pläne sorgen bei Grünen für Angst und Schrecken. Sollten die Bürgerlichen im Herbst eine Mehrheit erringen, dann ist für Grünen-Vizepräsident Bastien Girod klar: «Die Energiewende wäre tot.» Die Abhängigkeit von ausländischem Strom aus erneuerbaren Energien würde steigen. Letztlich schade die FDP ausgerechnet der Wirtschaft, denn Cleantech sei eine Wachstumsbranche. Um Arbeitsplätze zu sichern, müsse eine FDP-SVP-Mehrheit im Nationalrat «unbedingt verhindert» werden.