Büezer dürfen sich näher kommen
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Ausnahmen bei Abstandsregeln
Büezer dürfen sich näher kommen

Der Bund will, dass Baustellen offen bleiben. Weil dort die Corona-Abstandsregeln kaum einzuhalten sind, sollen Ausnahmen bei der Arbeit von Maurern und Gipsern gelten. Nun muss sich Wirtschaftsminister Guy Parmelin mit der Lex Muratore befassen.
Publiziert: 23.03.2020 um 22:04 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2020 um 06:47 Uhr
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Der Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich erwartet, dass die Behörden Verantwortung übernehmen.
Foto: Philippe Rossier
Pascal Tischhauser

Abstand halten! Abstand halten! Abstand halten! – Oder besser: Zu Hause bleiben! So lautet der Appell des Bundes an die Bevölkerung, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen – ohne dass es zum Shutdown wie im Tessin kommt.

Stehen am Feierabend drei Bauarbeiter auf der Strasse und halten den Zwei-Meter-Abstand nicht ein, drohen jedem von ihnen 100 Franken Busse, sollte gerade ein Polizist um die Ecke kommen.

Lex Bauarbeiter

So sollen die Leute dazu gebracht werden, sich und andere nicht zu gefährden. Jeder soll sich daran halten. Doch geht es nach dem Willen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), gilt das nicht für die Arbeit auf dem Bau.

Während ihrer Arbeitszeit sollten die Bauarbeiter zwar schon Abstand wahren, doch das ist nicht immer möglich. Deshalb will das Seco den Maurern und Gipsern Ausnahmen gewähren: Während maximal 15 Minuten sollen sie sich auf dem Bau immer mal wieder näher als die zwei Meter kommen dürfen.

Aussprache mit Parmelin

So sieht das die «Checkliste für Baustellen» des Seco vom 19. März vor, mit der der Bund die Verantwortung an die Baufirmen und ihre Mitarbeiter abwälzen will. Das Papier dürfte am Dienstag noch einiges zu reden geben. Denn am Vormittag treffen sich die Sozialpartner mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin (60, SVP) zur Aussprache.

Der Romand wird sich fragen lassen müssen, ob die Gesundheit von Bauarbeitern weniger wert ist als die von Angestellten in besser bezahlten Berufen, die in Einzelbüros oder im Homeoffice sitzen.

Wie erklärt man der Bevölkerung, weshalb die Bauarbeiter in der Freizeit für nahes Beisammensein bestraft werden, während dies in der Arbeitszeit mehrmals täglich toleriert wird? Fragen wie diese, die BLICK beim Seco einreichte, blieben bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.

«Kontrollieren und Betriebe schliessen»

Adrian Wüthrich (39), der Präsident des Gewerkschaftsdachverbands Travailsuisse, macht ein grundsätzliches Problem aus: «Die Bundesbehörden sind sehr gefordert zurzeit. Umso wichtiger wäre aber eine klare Kommunikation.» Sie müssten deutlich machen, was in der Arbeitswelt noch möglich sei und was nicht.

«Natürlich versteht keiner, dass für dieselben Personen am Feierabend verboten ist, was ihnen auf der Baustelle erlaubt ist.» Klar aber sei: «Der Gesundheitsschutz muss gewährleistet sein. Die Behörden stehen in der Verantwortung, das zu kontrollieren.» Die Unternehmen seien gefordert, alles zu unternehmen, um die Empfehlungen des Seco umzusetzen. Sei dies nicht möglich, müsse ein Betrieb schliessen.

Mehr Konkurse im Bau

Zürich ist der Bau-Kanton schlechthin. Per Ende 2019 waren dort 8042 Unternehmen der Baubranche gemeldet. Das besagt eine Auswertung des Wirtschaftsauskunftsdiensts CRIF. Es folgen die Kantone Bern (6111 Baufirmen) und Waadt (6017). Insgesamt zählt die Schweiz 61 475 Baufirmen. Dabei gab es 2019 erstmals seit fünf Jahren mehr Konkurse und Löschungen als Neugründungen. Nach Baubereichen aufgesplittet machen die Firmen im Bereich der Elektroinstallationen die grösste Gruppe aus, gefolgt von der Malerei und dem allgemeinen Hoch- und Tiefbau. Laut CRIF werden in der Baubranche im Schnitt 40 Prozent der Rechnungen zu spät bezahlt. Regionaler Spitzenreiter ist das Tessin: 50 Prozent der Baufirmen des Südkantons zahlen unpünktlich.

Zürich ist der Bau-Kanton schlechthin. Per Ende 2019 waren dort 8042 Unternehmen der Baubranche gemeldet. Das besagt eine Auswertung des Wirtschaftsauskunftsdiensts CRIF. Es folgen die Kantone Bern (6111 Baufirmen) und Waadt (6017). Insgesamt zählt die Schweiz 61 475 Baufirmen. Dabei gab es 2019 erstmals seit fünf Jahren mehr Konkurse und Löschungen als Neugründungen. Nach Baubereichen aufgesplittet machen die Firmen im Bereich der Elektroinstallationen die grösste Gruppe aus, gefolgt von der Malerei und dem allgemeinen Hoch- und Tiefbau. Laut CRIF werden in der Baubranche im Schnitt 40 Prozent der Rechnungen zu spät bezahlt. Regionaler Spitzenreiter ist das Tessin: 50 Prozent der Baufirmen des Südkantons zahlen unpünktlich.

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