Die Zahl ist beachtlich: Fast 800'000 Schweizerinnen und Schweizer leben im Ausland – also gut jede und jeder Fünfte mit Schweizerpass. Um speziell deren Interessen im Parlament zu vertreten, haben sich auch dieses Jahr zahlreiche Auslandschweizer für den Nationalrat aufstellen lassen. Alleine bei der SP kandidieren über 30 im Ausland wohnhafte Personen, einige davon gar aus Asien, Afrika, Süd- oder Nordamerika.
Gerade bei den Linken ist das – Stichwort Klimaschutz – nicht ohne. Schliesslich müssten die Exoten-Kandidierenden im Fall einer Wahl für jede Session, für jede Kommissionssitzung in die Schweiz fliegen.
Parlament hat Sonderregelung verabschiedet
Doch es kommt noch etwas Weiteres hinzu: Die Flüge müssten die «Internationalräte» nicht etwa selbst bezahlen, sondern würden – zumindest zu einem grossen Teil – vom Bund übernommen. Das ist im Gesetz so festgehalten, schliesslich müssen alle Schweizerinnen und Schweizer mit Wahlrecht auch die Möglichkeit haben, dieses auszuüben. Und nicht nur diejenigen, die das nötige finanzielle Polster dafür haben.
2011 hat das Parlament Ja zu einem neuen Passus im Parlamentsressourcen-Gesetz gesagt, der das explizit festhält. Bis dahin fehlte eine explizite Regelung für die Entschädigung von Parlamentariern mit Wohnsitz im Ausland. Vorgesehen war die sogenannte Distanzentschädigung nur für National- und Ständeräte, die zwar weiter weg von Bern, aber noch in der Schweiz wohnen. Für alle, die maximal eineinhalb Stunden mit dem öV in die Bundesstadt brauchen, gibt es ein Erste-Klasse-GA. Für jede weitere Viertelstunde Reiseweg erhalten sie 22.50 Franken.
Weil diese Berechnung im Falle von Flugreisen wenig Sinn macht, gilt für Auslandschweizer nun eine Sonderregelung. Die Distanz zum Wohnort werde «angemessen berücksichtigt», heisst es in der vor einigen Jahren beschlossenen Ergänzung. Was in der Praxis so viel heisst wie: Der Bund zahlt so viel, wie die Flüge halt kosten. Für einen Parlamentarier, der von einem anderen Kontinent einfliegt, rechnete der Bund damals mit Extrakosten von 160'000 bis 320'000 Franken pro vierjährige Legislatur.
Deutlich günstiger kommts, wenn jemand aus dem nahen Ausland in die Schweiz pendelt: Hier rechnet der Bund nur mit Zusatzkosten von 20'000 bis 60'000 Franken pro Legislatur. Der bisher einzige «Internationalrat» der Schweiz Tim Guldimann flog jeweils von Berlin in die Schweiz. Er sass von 2015 bis 2018 für die SP im Nationalrat.
Keine Alternativen vorhanden
Kosten von bis zu mehreren 100'000 Franken: Das ist ein ganz schöner Batzen. Allerdings gibt es derzeit keine Alternative. Die Parlamentsdienste verweisen auf Anfrage auf die im Gesetz verankerte Teilnahmepflicht. Dabei werde von einer physischen Präsenz ausgegangen. «Allfällige andere Lösungen würden eine Gesetzesänderung bedingen und wurden bisher nicht geprüft», sagt Sprecher Mark Stucki. Es besteht einzig die Möglichkeit, dass sich jemand durch ein anderes Ratsmitglied vertreten lassen kann.
Die SP-Kandidaten aus dem Ausland würden sich im Falle einer Wahl dafür einsetzen wollen, dass auch per Skype oder auf anderen elektronischen Weg an Sitzungen teilgenommen werden kann. Wegen des Kommissionsgeheimnisses ist das allerdings praktisch kaum umsetzbar.