Ausgerechnet!
Spitzen-CVP-Frau kippt Finanzierung von Tagesschulen

Der Bundesrat will Tagesschulen mit 100 Millionen Franken fördern. Die ständerätliche Bildungskommission lehnt das aber ab. Ausschlaggebend war ausgerechnet CVP-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller.
Publiziert: 09.11.2016 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 07.10.2018 um 14:39 Uhr
1/2
Stellt sich gegen die Anschubfinanzierung: Ständerätin Brigitte Häberli-Koller.
Foto: Patrick Luethy/EQ Images
Sermîn Faki

Die ständerätliche Bildungskommission will den Kantonen nicht helfen, Tagesschulen und Betreuungsplätze für schulpflichtige Kinder einzurichten. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Anschubfinanzierung von 100 Millionen Franken lehnte die Kommission am Montag ab. Der Entscheid fiel denkbar knapp. Den Ausschlag gab – mit Stichentscheid – Kommissionspräsidentin Brigitte Häberli-Koller.

Nicht in kantonale Angelegenheiten einmischen

Damit hat ausgerechnet eine Politikerin der Familienpartei CVP dafür gesorgt, dass berufstätige Eltern nicht von den Betreuungskosten entlastet werden – und so Mütter im Zweifelsfall zu Hause bleiben, statt zu arbeiten. Die Thurgauer Ständerätin verteidigt sich: «Es gibt eine klare Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen», sagt sie. «Tagesschulen sind klar Sache der Kantone.» Wenn Schulgemeinden Tagesstrukturen schaffen wollten – was sie unterstütze –, sollten sie das selbst tun.

Zudem wäre die Zusatzfinanzierung nur auf den ersten Blick eine Entlastung für die Kantone: «Nach drei Jahren müssten Kantone und Gemeinden die Kosten selbst schultern.» Angesichts des Spardrucks sei das Vorhaben des Bundesrats aber nicht nachhaltig, findet Häberli-Koller.

Unverständnis in den eigenen Reihen

Wie nachhaltig die Haltung von Häberli-Koller ist, muss sich noch zeigen. CVP-Familienpolitiker aus dem Nationalrat äussern jedenfalls Unverständnis über ihre Kollegin. «In der Vernehmlassung hat sich die CVP hinter den Bundesrat gestellt», wundert sich etwa die Zürcherin Barbara Schmid-Federer. Sie werde davon kein Jota abweichen. «Zumal die Anschubfinanzierung einer der wenigen konkreten Massnahmen der Fachkräfte-Initiative ist, mit der das inländische Arbeitskräftepotenzial besser ausgeschöpft werden soll.»

Auch andere CVPler sind verstimmt. Sie hoffen, dass sich im Ständerat die Fronten noch klären und die 100 Millionen mit Hilfe der Ratslinken doch noch durchkommen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?