Am Dienstagmorgen liess das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) eine Bombe platzen: Fehler in den Berechnungen der AHV-Finanzperspektiven! Zwei falsche Formeln führten zu unplausiblen hohen Fehlprojektionen. Die fehlerhaften Formeln seien seit April 2019 angewendet worden, hiess es. Doch jetzt die gute Nachricht: Die jährlichen AHV-Ausgaben dürften in den kommenden Jahren um zig Milliarden Franken niedriger ausfallen, als gedacht. Im Jahr 2028 rechnet der Bund mit rund einer, 2033 schon mit rund 4 Milliarden Franken weniger Ausgaben.
Am Dienstagabend äussert sich dann auch die zuständige Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Sie bezeichnete die AHV-Berechnungspanne beim Bundesamt für Sozialversicherungen als signifikant und gravierend. Transparenz sei für sie sehr wichtig, sagte Baume-Schneider am Rande eines Anlasses in La Chaux-de-Fonds NE, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete.
Deshalb habe sie eine Administrativuntersuchung eingeleitet. Man wolle verstehen, wie es zu den Schwierigkeiten und Fehlern bei den Berechnungen gekommen sei. Die Jurassierin betonte die Notwendigkeit, das Vertrauen der Schweizerinnen und Schweizer in die Sozialversicherungen wieder herzustellen.
Bundesrat am Montag informiert
Nach Entdeckung der Fehler Ende Mai reagierte das BSV umgehend. Es liess zwei alternative Berechnungsmodelle entwickeln und testen – mit Erfolg. Zudem beauftragte das BSV zwei Forschungsinstitute mit der Entwicklung unabhängiger Modelle. Die Ergebnisse dieser externen Institute sollen die neuen Berechnungen des BSV validieren. Im September sollen die korrigierten AHV-Finanzperspektiven präsentiert werden.
Die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), Elisabeth Baume-Schneider (60), hat den Bundesrat gestern über den Fehler informiert. Sie hat die Eröffnung einer Administrativuntersuchung angeordnet. Diese soll klären, wie es zu diesem Fehler kommen konnte. Mit der Durchführung beauftragt wurde die Kanzlei Bratschi in Zürich. Die Ergebnisse dürften Ende Jahr vorliegen. Baume-Schneider ist derzeit in den Ferien und äussert sich nicht zum Milliarden-Verrechner.
Defizit fällt ebenfalls geringer aus
Die internen Modelle des BSV zeigten, dass die AHV-Ausgaben vor allem mittel- und langfristig von den bisherigen Projektionen abweichen, sagte BSV-Direktor Stéphane Rossini (60). 2026, mit der Einführung der 13. Altersrente, sollen die Ausgaben rund 57 Milliarden Franken betragen – wie ursprünglich angenommen. Doch ab 2028 könnten sie etwa 1 Milliarde Franken niedriger sein, 2030 sogar um 2 Milliarden und 2033 um gigantische 4 Milliarden.
Auch das Umlagedefizit, also die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben ohne erwartete Anlagerendite, wird schrumpfen. Bis 2030 soll es nur noch rund 2 Milliarden Franken betragen (statt knapp 4 Milliarden) und bis 2033 auf rund 4 Milliarden (statt über 7 Milliarden) steigen. Das bedeutet: Der Bundesbeitrag sinkt zwischen 2026 und 2033 um etwa 2,5 bis 3 Milliarden Franken.
Kosten der 13. Altersrente kaum tangiert
Die Kosten der 13. Altersrente würden von der Korrektur kaum beeinflusst, sagte Rossini weiter. 2026 würden sie rund 4,2 Milliarden Franken betragen und 2030 knapp 5 Milliarden. Die Vernehmlassung zur Umsetzung der 13. Altersrente wurde am 5. Juli 2024 abgeschlossen. Der Bundesrat wird bald über das weitere Vorgehen entscheiden.
Das Berechnungsprogramm der AHV, ein Monstrum mit über 70'000 Zeilen Code, soll nun gründlich aufgeräumt werden. Das dauere mehrere Monate, doch dank der neuen Modelle seien die Finanzperspektiven bald wieder robust. Seit 2012 seien die BSV-Projektionen zuverlässig und integrierten stets Faktoren wie Teuerung, Lohnentwicklung und Demografie, um politische Entscheidungen zu stützen, so Rossini.