Wie überlebe ich im Gebirge, wie gehe ich mit Medienvertretern um oder wie plane ich einen Friedenseinsatz? Antworten auf solche Frage gibt es in Ausbildungskursen der Schweizer Armee – auch für fremde Militärs. 2015 absolvierten insgesamt 720 Angehörige aus 85 Armeen ausländischer Staaten solche Kursen. Diese Zahlen legte das Verteidigungsdepartement VBS gegenüber BLICK offen.
Die Militärs kommen aus 85 Staaten
Darunter waren Angehörige von Streitkräften, die aktuell in Kriegshandlungen verwickelt sind. Beispielsweise aus Frankreich, den USA, die in Syrien und im Irak kämpfen. Gleiches gilt für Russen und Ukrainer, die nur ein brüchiger Waffenstillstand trennt. Hinzu kamen Militärs aus Ländern, die für notorische Menschenrechtsverletzungen bekannt sind – etwa aus dem Iran, aus Saudiarabien oder Weissrussland.
Fremde Militärs in Kursen der Schweizer Armee? Verantwortlich dafür ist beispielsweise die Partnerschaft für den Frieden (PfP) der NATO. Dort ist Schweiz zusammen mit 49 anderen Staaten engagiert. Durch Kooperation soll Vertrauen und Transparenz geschaffen werden.
Gegner trainieren zusammen Gebirgstechnik
Bei Kursen der Schweizer Armee ist etwa die Teilnahme von Urkrainern und Russen für die pikant. Erstens weil die Schweiz den brüchigen Waffenstillstand auszuhandeln half und zweitens weil die Russen sauer reagierten, als 2009 publik wurde, dass Georgier in Andermatt in Gebirgstechnik geschult worden waren. Seither nehmen die Russen wie ihre Gegner im Georgien-Krieg ebenfalls an den Kursen teil.
Laut Konfliktforscher Laurent Goetschel vom Europainstitut der Uni Basel hat jeder offizielle Austausch mit Angehörigen von Drittstaaten aussenpolitische Implikationen. Entscheidend sei der Inhalt: «Steht die Verbesserung der Kampfausbildung im Vordergrund, ist es politisch sicher fragwürdig, aktiv in kriegerische Auseinandersetzungen involvierte Staaten einzuladen.» Stände jedoch die Ausbildung im humanitären Völkerrecht im Vordergrund, sollten möglichst alle Staaten einbezogen werden.
«Demokratiepolitisch einiges weitergeben»
Ein VBS-Sprecher verteidigt die Teilnahme, in angespannten Lagen sei noch nötiger, Kontakte, Dialoge und Kooperation zu pflegen. Dafür habe sich die Schweiz immer eingesetzt. Und: Es gäbe keine Kritik international gegen die Schweizer Teilnahme. Gerade im Fall Ukraine zeige sich dies, kämen doch Militärs beider Konfliktparteien an die Kurse.
Feuerschutz erhält die Partnerschaft auch von den Sicherheitspolitikern: Für Beat Flach (GLP, AG)) ist die Partnerschaft so oder so ein gutes Vehikel: «Wir können militärisch lernen und demokratiepolitisch einiges weitergeben.» Zudem habe die Teilnahme bisher noch keine politische oder diplomatischen Nachteile gebracht. Wichtig für Werner Salzmann (SVP, BE) ist es dass die Schweiz neutral ist und keine Länder ausschliesst: «Gerade Länder, in welchen im Bereich der Menschenrechte noch Verbesserungen notwendig sind, profitieren von einer Teilnahme.» Schliesslich verteidigt auch SP-Nationalrätin Chantal Galladé die Nato-Partnerschaft. Waffenlieferungen in Länder, die systematisch Menschenrechte verletzten, seien viel eher ein Neutralitäts-Problem. Zudem wähle die Schweiz selber aus, wie sie beim Nato-Programm mitmache. Galladé findet aber, man müsse jede Zusammenarbeit sorgfältig und kritisch prüfen.
Diese Länder schickten Militärs zum Training:
Partnerschaft für den Frieden (PfP): Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Finnland, Georgien, Irland, Kasachstan, Kirgistan, Malta, Mazedonien, Moldawien, Montenegro, Österreich, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Tadschikistan, Ukraine
Nato: Albanien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kanada, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn, Vereinigtes Königreich, USA
Mittelmeer Dialog: Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Marokko, Tunesien
Istanbul Kooperations Initiative: Vereinigte Arabische Emirate
Nato Globale Partner: Afghanistan, Australien, Irak, Neuseeland
Weitere: Bangladesch, Brasilien, China, Demokratische Republik Kongo, Ghana, Indonesien, Iran, Kambodscha, Kamerun, Kenia, Kolumbien, Kosovo, Laos, Libanon, Libyen, Mali, Mozambique, Nepal, Nigeria, Palästinensische Gebiete, Philippinen, Saudi Arabien, Senegal, Somalia, Sri Lanka, Südafrika, Sudan, Südsudan, Thailand, Uganda, Vietnam, Westsahara, Zentralafrikanische Republik
Internationale Organisationen: UNO