Auf der Suche nach der neuen Zauberformel
Jede Partei weiss es besser

Nach vielen Ausreden für die Nicht-Wahl von Regula Rytz räumen Parteispitzen Handlungsbedarf ein. Doch fast nur eigene Ideen für eine neue Zauberformel halten die Partei- und Fraktionschefs für machbar. Doch CVP-Pfisters Amtszeitbeschränkung scheint mehrheitsfähig.
Publiziert: 12.12.2019 um 22:43 Uhr
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Die Chefin der Grünen, Regula Rytz, wurde von allen ausser der SP im Regen stehen gelassen bei der Bundesratswahl.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer, Pascal Tischhauser und Ladina Triaca

Alle fanden sie andere Gründe. Es sei nicht der richtige Moment für die Wahl einer grünen Bundesrätin. Amtierende Regierungsmitglieder sollen nicht abgewählt werden. Die Linke wäre übervertreten. Die einen finden, die FDP müsse einen Sitz abtreten, die anderen sehen die SP unter Druck. Oder dann halt die CVP.

Am Schluss blieb alles beim Alten. Regula Rytz (57) scheiterte mit ihrem Angriff auf FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (58) deutlich. Nun aber wollen die Parteien über die Bücher. Sie überbieten sich mit Vorschlägen für ein neues Wahlsystem für den Bundesrat.

Gössi und Pfister mit Vorschlägen

Gegenüber der «Aargauer Zeitung» warf CVP-Präsident Gerhard Pfister (57) die Idee auf, die Amtszeit auf acht Jahre zu beschränken. So erhalte das Parlament mehr Möglichkeiten, die Zusammensetzung der Regierung anzupassen. Es würde einfacher, die massgeblichen politischen Kräfte im Bundesrat abzubilden.

FDP-Präsidentin Petra Gössi (43) wiederum zeigt sich offen, über eine Vergrösserung des Bundesrats von sieben auf neun Sitze zu reden – wie dies SP-Chef Christian Levrat (49) vorschlug. Auch möchte sie das Problem der vorzeitigen Rücktritte angehen, wird sie von der «NZZ» zitiert.

Um dem Problem zu begegnen, dass die Bundesräte vor Ablauf einer Legislatur zurücktreten und bei einer Gesamterneuerungswahl kein Bundesratssitz frei ist, will Gössi eine Vereinbarung. Sie fordert, «dass bei einem Rücktritt in der zweiten Hälfte der Legislatur keine Ersatzwahl mehr stattfindet». Das Departement solle vorübergehend «interimistisch geführt» werden. Das erhöhe den Druck, dass mehr Bundesräte aufs Ende der Amtszeit zurücktreten würden. So wie es sich gehöre.

«Wir müssen es angehen»

CVP-Präsident Gerhard Pfister hat für Anfang 2020 zum Parteiengipfel gerufen, am dem eine neue Zauberformel diskutiert werden soll. «Wir müssen es angehen», sagt auch FDP-Fraktionschef Beat Walti (51). Nach den Wahlen könne endlich in Ruhe und ohne Druck diskutiert werden.

Auch die SVP will sich Gesprächen nicht verschliessen. Sie steht allerdings am wenigsten unter Druck. Als grösste Partei mit einem Wähleranteil von 25,6 Prozent hat sie zwei Sitze auf sicher. So mag Fraktionschef Thomas Aeschi (40) auch keine Vorschläge machen: «Das besprechen wir dann im Januar», bleibt er kurz angebunden.

GLP-Chef Jürg Grossen (50) hingegen macht klar, dass sich seine Partei bei Pfisters Konkordanz-Gipfel einbringen will. Und er sagt auch, was er sich vorstellen kann: «Ich persönlich finde den Vorschlag von Gerhard Pfister gut, für Bundesräte eine Amtszeitbeschränkung von acht Jahren einzuführen.» Dabei frage er sich jedoch, ob es nicht eine Regelung brauche, dass sich ein Bundesrat zum Beispiel nur ein einziges Mal wiederwählen lassen dürfe. «Auch so könnte jemand nur maximal acht Jahre lang in der Regierung sein», so Grossen. Bei Todesfällen oder schweren Krankheitsfällen will er eine Sonderlösung.

Grüne und CVP wollen neue Formel

Und auch Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli (47) verspricht, «wir nehmen an den Gesprächen zur Konkordanz sicher teil.» Laut ihm gibt es allerdings nur zwei Parteien, die eine neuen Formel wollen: Die CVP und wir. «Die CVP, weil sie den Sitz von Viola Amherd absichern möchten. Und wir, weil wir einen Bundesrat erhalten wollen», stellt er klar.

Die anderen Vorschläge seien Nebelpetarden. «Das zeigen doch schon die lachhaften Vorschläge von Petra Gössi», findet er. «Vorzuschlagen, einen Bundesratssitz bei einem Abgang in der zweiten Legislaturhälfte nicht mehr durch einen neuen Bundesrat, sondern mit einem Beamten oder interimistisch zu besetzen, kann doch nicht ernst gemeint sein.» Der Pfister-Vorschlag mit einer Amtszeitbegrenzung zeuge von mehr Ernsthaftigkeit.

«Reine Nebelpetarden»

Reformbedarf erkennt auch die SP. Doch: «Der einzige Vorschlag, der Hand und Fuss hat, ist die Erweiterung des Bundesrates auf neun Mitglieder, den wir vorgebracht haben», findet Fraktionschef Roger Nordmann (46). Der Vorschlag sei den Genossen sehr ernst. Eine Umsetzung aber würde viele Jahre dauern. Die Vorschläge von FDP und CVP seien dagegen reine Nebelpetarden, kommentiert Nordmann dennoch: «Es geht ihnen einzig darum, ihre Macht zu sichern.»

Damit aber dürften die Bürgerlichen bei einem möglichen neuen Wahlsystem für den Bundesrat nicht allein sein. «Alle wollen möglichst wenig Einfluss verlieren», stellt FDP-Fraktionschef Walti klar. «Alles andere würde mich erstaunen.»

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