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Auch Experten nach Youtube-Hearing gespalten
«Mehr Mitsprache» – «Gefahr für die Demokratie»

Die Debatte zum EU-Rahmenabkommen wurde live auf Youtube übertragen. Die sechs befragten Experten sind unterschiedlicher Meinung.
Publiziert: 16.01.2019 um 07:15 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2019 um 15:35 Uhr
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Live auf Youtube: Nationalräte nahme Experten in die Zange.
Foto: Keystone
Nico Menzato

Das gabs noch nie: Aussenpolitiker des Nationalrats befragten gestern sechs Experten zum EU-Rahmenabkommen – und die Debatte wurde via Youtube im Internet live übertragen. Normalerweise finden solche Kommissionssitzungen hinter verschlossenen Türen statt. Politiker bilden sich dort ihre Meinung – und ringen mit harten Bandagen um Details und Mehrheiten.

Beim Rahmenabkommen können die Politiker nur noch Ja oder Nein sagen. Gesittet verlief denn auch das Hearing. Statt auf Konfrontation zu gehen, stellten die Nationalräte ihre Fragen oft jenem Experten, der ihre Meinung bestätigte. Denn auch die Rechtsgelehrten beurteilen die zentralen Punkte höchst unterschiedlich.

Vertrag als Ganzes

«Der Vertrag in der vorliegenden Form ist nicht gut», sagt Paul Widmer (69), Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen. Mit dem Abkommen würde man in einen dynamischen Zustand übergehen. «Wir wissen nicht, was damit kommt.»

«Die Schweiz hat einiges erreicht», entgegnet Christa Tobler (57). Die Professorin für Europarecht an der Uni Basel sieht etwa einen Erfolg darin, dass «nur 5 der rund 120 bilateralen Verträge» unter das Abkommen fallen.

Rechtsübernahme

Mit dem Abkommen würde sich die Schweiz zu einer dynamischen Übernahme von EU-Recht verpflichten. «Es ist keine automatische Rechtsübernahme. Wir haben das Recht, Nein zu sagen, und enthalten wesentliche Mitspracherechte», sagt Matthias Oesch (46), der an der Uni Zürich Europarecht lehrt.

«Ich sehe Gefahren für unsere Demokratie», sagt hingegen Widmer. «Wir verpflichten uns mit dem Rahmenabkommen, und es gibt sehr starke Sanktionsmechanismen.» So sei es etwa vorgesehen, dass Verträge gekündigt werden könnten. «Man steht dann immer unter einem Damoklesschwert», so Widmer.

Schiedsgericht

Im Streitfall würden ein Schiedsgericht und der Europäische Gerichtshof urteilen. Für Carl Baudenbacher (71) handelt es sich denn auch nur um ein «Schein-Schiedsgericht» und «Feigenblatt». Es werde eine einseitige Abhängigkeit vom Europäischen Gerichtshof geschaffen, glaubt der ehemalige Präsident des Efta-Gerichtshofs.

Astrid Epiney (53), Europarechts-Professorin der Uni Fribourg, sieht es ganz anders: Eine «vordefinierte rechtliche Prozedur» sei zum Vorteil der Schweiz. Heute sei es so, dass die EU oftmals Machtpolitik betreibe. Auch Professor Oesch teilt diese Meinung: «Das Schiedsgericht ist unparteiisch zusammengesetzt.» Und der Europäische Gerichtshof sei ein geachtetes Gericht, das unabhängig entscheide.

Unionsbürgerrichtlinie

Die EU-Richtlinie, welche Rechte von Ausländern in EU-Staaten regelt, ist nicht Teil des Rahmenvertrags – könnte aber dereinst aufs Tapet kommen. Es dürfe «auf gar keinen Fall» so weit kommen, dass die ganze Richtlinie für die Schweiz Gültigkeit erlangen werde, sagte Tobler dazu. Widmer glaubt hingegen, dass es so weit kommen wird. «Das gemeinsame Schiedsgericht muss sich dann an die Auslegung des Gerichtshofs halten.»

Lohnschutz

Wird der Lohnschutz in der Schweiz geschwächt? Im Abkommen seien die Dinge «nicht so klar, wie sie auf den ersten Blick erscheinen», sagt Europarechtlerin Epiney dazu.

Kohäsionszahlungen

Hier sind sich die Experten zum ersten und einzigen Mal einig – und widersprechen der SVP: Es könnten keine Verpflichtungen abgeleitet werden, auch wenn in der Präambel des Abkommens die Kohäsionszahlungen der Schweiz an EU-Staaten erwähnt seien, bestätigt selbst Rahmenabkommen-Kritiker Widmer.

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