SVP-Präsident Marco Chiesa (46) macht Druck auf die FDP. Wenn die «orientierungslosen» beiden freisinnigen Bundesräte die Forderung der SVP nach einer Lockerung der Corona-Massnahmen nicht unterstützten, werde sich das bei den nationalen Wahlen 2023 rächen, sagt er in einem Video, das die Partei am Sonntag auf Twitter veröffentlicht hat.
Zudem sei ihr zweiter Sitz im Bundesrat gefährdet, wenn die FDP durch «das ständige Paktieren mit der Linken» weiter Wähleranteile verliere, warnt Chiesa. Zwei Sitze wären dann arithmetisch nicht mehr gerechtfertigt. Aber auch politisch gäbe es dann keine Rechtfertigung mehr für eine Doppelvertretung. Denn die FDP vertrete bei der Corona-Politik, beim Rahmenabkommen mit der EU, beim CO2-Gesetz und beim Uno-Migrationspakt keine bürgerlichen Positionen, wirft Chiesa dem Freisinn vor. Er sehe derzeit keinen Unterschied, ob die Grünliberalen oder eine schwache linksfreisinnige Vertretung in der Landesregierung sitze.
SVP fordert vollständige Öffnung
Die SVP fordert seit Monaten die Aufhebung der Corona-Massnahmen. Morgen will die Partei in der Wirtschaftskommission des Nationalrats einen neuen Anlauf starten, wie der SonntagsBlick berichtet. Einer der geplanten Anträge der SVP-Vertreter fordert, dass Restaurants und sämtliche Betriebe in den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Freizeit und Sport am 19. April geöffnet werden. Ein zweiter, praktisch gleichlautender Antrag will die Lockerungen auf 1. Mai.
Vor wenigen Wochen hatte die SVP sogar ein fixes Öffnungsdatum ins Covid-19-Gesetz schreiben wollen. Hatten die anderen bürgerlichen Parteien die Forderung in der Kommission erst noch unterstützt, stimmten sie am Ende dann doch dagegen – zum grossen Ärger der SVP.
Die nun lancierten Forderungen der SVP haben durchaus Chancen. Allerdings würde ein Ja der Kommission keineswegs bedeuten, dass tatsächlich zu diesem Zeitpunkt Restaurants oder Kinos wieder aufgehen: Sollte eine Mehrheit einen der SVP-Anträge unterstützen, würde man dem Bundesrat die entsprechende Forderung in einem Brief mitteilen – bindend wäre sie für die Regierung nicht. Es geht stattdessen primär darum, mit der Forderung den Druck auf den Bundesrat zu erhöhen.
FDP kontert
Die Forderung nach weitgehenden Lockerungen begründet Chiesa mit dem Sinken der wichtigen Kennzahlen wie Spitaleinweisungen, Auslastung der Intensivstationen und Todesfälle.
«Trotz des Debakels bei der Impfstoffbeschaffung» seien die meisten Risikopatientinnen und -patienten geimpft, argumentiert Chiesa in der Videoansprache. Es sei nicht mehr gerechtfertigt, dass ganze Branchen und kaum gefährdete Bevölkerungsgruppen weiter «drangsaliert und bevormundet werden».
Die FDP konterte den Frontalangriff auf Twitter umgehend. «Liebe SVP, Gerne eine gratis Staatskundelektion: Was bürgerliche Politik ist, entscheidet nicht die SVP», twittert sie. (SDA/lha)