Asyl-Debatte im Nationalrat
«Ein Asyl-Moratorium wäre absolut daneben!»

Heute entscheidet der Nationalrat darüber, wie die Schweiz in Zukunft mit Asylbewerbern umgehen will. BLICK erklärt die heissen Punkte und zeigt die wichtigsten Positionen.
Publiziert: 09.09.2015 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 20:39 Uhr
CVP-Pfister zur Asyldebatte: «Europa hat nichts getan!»
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:CVP-Pfister zur Asyldebatte: «Europa hat nichts getan!»
Von Nico Menzato und Ruedi Studer

Mitten in der grössten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg findet heute im Nationalrat eine Monsterdebatte zum Thema Asyl statt. Bis tief in die Nacht hinein werden die Politiker über Paragrafen streiten. Und entscheiden, wie die Schweiz in Zukunft mit Asylbewerbern umzugehen gedenkt.

Das Hauptziel des von SP-Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga ausgearbeiteten neuen Asylgesetzes sind schnellere Verfahren. 60 Prozent aller Asylverfahren sollen innerhalb von 140 Tagen entschieden und vollzogen werden. Der Ständerat hat die Vorlage im Sommer mit 35 zu 3 Stimmen deutlich angenommen. Der Nationalrat dürfte in der Asyl-Schlacht der kleinen Kammer weitgehend folgen. Und darum geht es:

  • Bundeszentren: Asylbewerber, bei denen es keine aufwendigen Abklärungen braucht, sollen während des ganzen Verfahrens in Bundeszentren untergebracht werden. Geplant sind 16 solcher Zentren. 5000 Personen sollen darin Platz finden. Der Nationalrat wird der Schaffung solcher Zentren klar zustimmen – problematischer ist die Standortsuche.
     
  • Zentren für Renitente: Renitente Asylbewerber sollen in besonderen Zentren untergebracht werden müssen. Das hat der Ständerat knapp mit 23 zu 22 Stimmen entschieden. Gegen den Willen des Bundesrats, der bloss eine Kann-Formulierung vorsah. Es sei schon schwierig genug, Gemeinden für normale Bundeszentren zu finden, hatte sich Justizministerin Simonetta Sommaruga vergeblich gegen eine Muss-Vorschrift gewehrt. Sie dürfte auch im Nationalrat abblitzen.
     
  • Gratis-Anwalt: Da die Beschwerdefristen kürzer werden, sollen Asylsuchende im Gegenzug eine kostenlose Rechtsvertretung erhalten. Damit sollen rechtsstaatlich faire Verfahren gewährleistet bleiben. Um eine Beschwerdeflut zu verhindern, werden die Rechtsvertreter nur pauschal bezahlt. Trotzdem stemmt sich die SVP gegen den Gratis-Anwalt.
     
  • Botschaftsasyl: Mit der letzten Asylgesetzrevision 2013 wurde das Botschaftsasyl abgeschafft. Linke und Grüne möchten zurück zum alten Regime. Asylbewerber sollen in Schweizer Vertretungen ein Asylgesuch stellen können, fordert deshalb ein Minderheitsantrag. Ein Antrag ohne Aussicht auf Erfolg – zumindest solange das Botschaftsasyl nicht auf europä­ischer Ebene eingeführt wird.
     
  • Asyl-Stopp: Im Rahmen einer ausserordentlichen Session verlangt die SVP, die Anwendung des Asylgesetzes mittels Notrecht «für mindestens ein Jahr teilweise ausser Kraft zu setzen». In dieser Zeit würde niemand mehr ins Asylverfahren aufgenommen und auch niemand als Flüchtling anerkannt – ganz egal, woher die Person geflüchtet ist. Zur Durchsetzung will die SVP Soldaten an die Grenze stellen.

Die Motion ist chancenlos. Interessant wird jedoch sein, wie viele SVP-Politiker angesichts des Flüchtlingsdramas an diesen drastischen Forderungen festhalten werden.

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