Astra-Chef Jürg Röthlisberger erklärt, wie der Bund Autofahrer zur Kasse bitten will
Big Brother ersetzt Vignette

Haben wir künftig alle einen Fahrtenschreiber im Auto? Gut möglich, sagt Astra-Chef Jürg Röthlisberger.
Publiziert: 13.07.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 16:40 Uhr
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Astra-Chef Jürg Röthlisberger: «Es gibt rechtliche Unsicherheiten, vor allem in Bezug auf den Datenschutz».
Foto: Peter Gerber
Christof Vuille und Ruedi Studer

Der Bund hat dem Stau den Kampf angesagt. Das Bundesamt für Strassen (Astra) denkt dabei an temporär Tempo 80 auf Autobahnen oder den Pannenstreifen als zusätzliche Fahrspur.

Doch Verkehrsministerin Doris Leuthard (CVP) hat noch viel grössere Pläne: Mobility Pricing heisst das Konzept, welches sie kürzlich der Öffentlichkeit vorstellte. Damit soll der Verkehr auf Strasse und Schiene in den Stosszeiten teurer und ausserhalb der Rush Hour günstiger werden. Die Regierung hofft auf eine bessere Verteilung der Verkehrslast über den Tag.

Für die Strasse heisst das: Die Autobahn-Vignette hat ausgedient. Doch wie werden wir unsere Kilometer künftig bezahlen? Für Astra-Chef Jürg Röthlisberger ist ein Fahrtenschreiber im Auto «eine denkbare Lösung». Lastwagenchauffeure kennen mit der Leistungsabhängigen Schwer­verkehrsabgabe (LSVA) bereits eine solche Lösung. Das LSVA-Erfassungsgerät registriert die in der Schweiz gefahrenen Kilometer mittels ­einer elektrischen Verbindung zum Fahrtenschreiber.

Kilometerabgabe

«Konkret geht es bei uns da­rum, dass wir die Vignette zum Beispiel durch eine Kilometerabgabe ersetzen», sagt Röthlisberger. «Dies im Sinne einer Grundtaxe mit einem relativ tiefen Kilometerpreis.» Auch eine Selbstdeklaration sei denkbar.

Gerade am Morgen sei der Verkehr einfach «ein sehr knappes Gut zu einem beschämend tiefen Preis». Künftig könnte also der Strassenkilometer je nach Uhrzeit mehr oder weniger kosten. Es gehe aber nicht darum, dass Autofahrer mehr, sondern anders bezahlen sollen, so der Astra-Chef. «Im Schnitt dürfte das wohl nicht mehr kosten als die heutige 40-Franken-Vignette.»

In diesem Fall würde der Kilometerpreis klar unter einem Rappen liegen. Der Durchschnittsschweizer legt nämlich pro Jahr mit dem Auto knapp 9000 Kilometer im Inland zurück. Für den Vignettenersatz würde der Kilometerpreis umgerechnet also mit etwa 0,4 bis 0,5 Rappen zu Buche schlagen.

Angst vor mehr Überwachung

Röthlisberger schwebt eine monatliche Abrechnung vor. Aktuell gebe es aber noch «rechtliche Unsicherheiten, vor allem in Bezug auf den Datenschutz». Tatsächlich ist die Angst vor mehr Überwachung nicht unbegründet. Die Versicherung Axa Winterthur bietet bereits heute den Einbau eines Drive Recorders an. Damit sinken die Prämien – allerdings wird das Fahrverhalten aufgezeichnet. Konkret speichert das Gerät etwa Geschwindigkeit, Datum, Zeit und Strassentyp.

Braucht es also künftig keine Radarfallen mehr, um Temposünder zu büssen? Der Amts­direktor räumt ein, dass es «technisch denkbar» sei, mittels Mobility Pricing auch gleich zu erfassen, wer wann wo zu schnell gefahren sei. Das Astra sei aber nicht die Polizei und er selbst «strikt gegen eine solche Überwachung». Entscheidend bei der Einführung von Mobi­lity Pricing seien die Kommuni­ka­tion und das Vertrauen der Bürger in die Behörden, so Röthlisberger. «Deshalb können wir um solche Fragen keinen Bogen machen.»

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