Armee kauft Posaunen in den USA – Schweizer haben Nachsehen
SP-Aebischer empört über «America First»

Sie ist so etwas wie die Visitenkarte der Schweizer Armee: die Militärmusik. Doch geblasen wird in ausländisches Metall. Dabei wären die Schweizer Posaunen sogar günstiger gewesen.
Publiziert: 30.11.2018 um 10:18 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2018 um 11:01 Uhr
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Enttäuscht: Blasinstrumentenbauer Marco Weber hatte für die Armee eine spezielle Posaune entwickelt. Doch der Auftrag ging ins Ausland.
Foto: Zvg
Cinzia Venafro

Dort, wo sie ins Horn blasen, erklingt die Schweiz – oder sollte zumindest. «Mit ihren Auftritten im In- und Ausland repräsentiert die Militärmusik die hohe Leistungsfähigkeit der Schweizer Milizarmee», beschreibt sich die Swiss Army Band selbst.

Doch geblasen wird künftig nicht in Schweizer Metall. Die Armee bestellt ihre neusten Blasinstrumente im Ausland: Die Tenorposaunen kommen aus Frankreich, die Bassposaunen aus den USA. Eine Beschaffung mit politischer Brisanz. In der Schweizer Musikinstrumentenbauer-Branche brodelte es. Und ihr Präsident, SP-Nationalrat Matthias Aebischer (51), will jetzt Antworten vom Bundesrat.

Thurgauer Instrumentenbauer schwer enttäuscht von der Armee

«Ich war sehr erstaunt, dass die Armee in den nächsten Jahren ausländische Instrumente kaufen will und nicht die Schweizer Top-Posaunen», sagt der Berner.

Bei der öffentlichen Ausschreibung offeriert hatte unter anderen Blasinstrumentenbauer Marco Weber mit seinem Thurgauer Familienunternehmen Blaswerk Haag. Für 48 handgefertigte Bassposaunen veranschlagte er 259'700 Franken, für 120 Tenorposaunen 553'500. Der Auftrag ist auf 13 Jahre angelegt. Es wäre ein gutes Geschäft gewesen für Weber.

Doch die Armee wählte die teureren US-Bassposaunen. Und die «im preislichen Mittelfeld» liegenden französischen Tenorposauen. Wie viel kostet der Auftrag ins Ausland genau? Armasuisse will dazu nichts sagen. Sicher ist: Eingegangen waren Offerten zwischen rund 390'000 und rund 660'000 Franken.

Davon sieht Marco Weber keinen Rappen. Und so haben seine Handwerker umsonst eine speziell auf die Bedürfnisse der Armee abgestimmte Posaune designt. Mit dem Modell SAS (Schweizer Armee Spiel) sollte der Schweizerpsalm besonders schön klingen. Zudem wünschte sich die Armee eine Versilberung. «Das ist eigentlich unüblich, wir haben es aber sehr gern angefertigt», so Weber.

Der Patron ist zerknirscht: «Alle reden von Swissness. Doch wenn es dann drauf ankommt, weicht man ins Ausland aus. Mir ist schleierhaft, warum!» Kampfjets müsse die Schweiz ja notgedrungen im Ausland einkaufen. «Aber wenigstens die Instrumente unserer Soldaten sollten doch Swiss made sein!»

Armasuisse findet die US-Posaunen besser als die schweizerischen

Und auch Nationalrat Aebischer meint: «Die Posaunen der Firma Haag werden weltweit von Profis in Symphonieorchestern und Brassbands gespielt. Sie gehören zu den besten Instrumenten weltweit.»

Billiger oder teurer – das sei gar nicht entscheidend, verteidigt sich Armasuisse. «In der Ausschreibung wurden als Zuschlagskriterien der Preis sowie die musikalische, die mechanische und die optische Qualität definiert», sagt Sprecherin Jacqueline Stampfli-Bieri.

Der Preis habe da nur «zu einem Drittel» eine Rolle gespielt. «Die qualitativen Zuschlagskriterien» seien mit siebzig Prozent gewichtet worden. «Der Zuschlag wurde somit nicht an das preislich günstigste, sondern an das Angebot mit der höchsten Gesamtpunktzahl über sämtliche Zuschlagskriterien erteilt.»

Mit anderen Worten: Die US-Posaunen seien halt besser, und das kostet. Aebischer lässt die Antwort nicht gelten. Kommenden Montag muss Bundesrat Parmelin in der Fragestunde im Nationalrat zu den Trump- Posaunen Stellung beziehen. «America First» gilt offenbar auch bei der Schweizer Armee.

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