Angst vor Besuch des türkischen Aussenministers in der Schweiz
Kann Zürich den Auftritt verbieten?

Markus Mohler ist Experte für Sicherheits- und Polizeirecht. Kantone könnten Auftritte einzig aus Sicherheitsgründen verbieten, sagt er im BLICK-Interview. Im Fall von Zürich mit seinem grossen Polizeikorps dürfte das schwierig werden.
Publiziert: 09.03.2017 um 16:09 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:48 Uhr
Kommt er oder kommt er nicht? Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu.
Foto: Keystone
Interview: Nico Menzato

In der Schweiz herrscht Angst vor dem geplanten Besuch des türkischen Aussenministers Mevlüt Cavusoglu am kommenden Sonntag in Opfikon ZH. Er will dafür weibeln, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mittels Volksabstimmung mit noch mehr Macht ausgestattet wird.

Die Leitung des Hotels Hilton hat die Veranstaltung mittlerweile abgesagt. Dennoch ist unklar, ob Cavusoglu in die Schweiz reisen wird oder nicht. Der Zürcher Regierungsrat will einen möglichen Auftritt verhindern, der Bundesrat bislang nicht.

Markus Mohler
Foto: BLI_2013_06_12

BLICK: Herr Mohler, kann Zürich einen möglichen Auftritt auch in Eigenregie untersagen?
Markus Mohler:
Kantone können öffentliche Veranstaltungen einzig aus Sicherheitsgründen absagen, das heisst, wenn nachvollziehbar ist, dass die Polizei die öffentliche Sicherheit nicht garantieren kann. Das Argument der Sicherheit darf aber nicht vorgeschoben werden. Beim Kanton Zürich mit seinem grossen Polizeikorps dürfte es eher schwierig werden, so zu argumentieren. 

Wäre der Auftritt in einem kleinen Kanton geplant, wäre das Sicherheitsargument stichhaltiger?
Kleinere Kantone können plausibler argumentieren, sie hätten – auch mit Hilfe von Nachbarkantonen – zu wenig polizeiliche Mittel, um bei einem Grossanlass die Sicherheit zu gewährleisten.

Dann muss Zürich darauf hoffen, dass der Bundesrat den möglichen Auftritt des türkischen Aussenministers verbietet?
Grundsätzlich ja. Um die Interessen der Schweiz zu wahren, kann der Bundesrat gestützt auf die Bundesverfassung Verordnungen und Verfügungen erlassen und so ausnahmsweise zum Beispiel auch politische Reden verbieten. Dies steht allerdings im Spannungsfeld zur Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit. Deshalb hat der Bundesrat bislang auch meist nur Auftritte von Hasspredigern verboten – und nicht jene von ausländischen Regierungs- oder Parlamentsmitgliedern. Ein Verbot des Auftritts des türkischen Aussenministers hätte wohl aussenpolitische Konsequenzen. 

Könnte die Türkei gegen ein allfälliges Verbot Beschwerde einlegen?
Schwierige Frage. Einerseits nein, da Beschwerden gegen Verfügungen des Bundesrats ans Bundesverwaltungs- und Bundesgericht unter anderem auf dem Gebiet der inneren Sicherheit und der auswärtigen Angelegenheiten nicht zulässig sind. Aber es gibt die Ausnahme für die Zulässigkeit, wenn das Völkerrecht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt. Das ist nach der Europäischen Menschenrechtskonvention der Fall, wenn es sich um behauptete Grundrechtsverletzungen handelt. Dasselbe gewährleistet ungefähr im gleichen Umfang auch die sogenannte Rechtsweggarantie der Bundesverfassung.

Ein Vorstoss verlangt, dass Auftritte ausländischer Redner in der Schweiz wieder bewilligungspflichtig werden sollen. Eine gute Idee?
Ich denke nicht. Das könnte leicht zu einer Zensur werden. Eine solche stünde der Meinungsäusserungsfreiheit direkt entgegen. Allerdings sollte man prüfen, ob es allenfalls neue gesetzliche Grundlagen bräuchte, welche die politische Einflussnahme – auf mannigfachem Wegen – von ausländischen Staaten in der Schweiz regeln.

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