Einen Tag, nachdem ihm die Genfer FDP-Basis knapp das Vertrauen ausgesprochen hat, zieht die Genfer Regierung im Fall Maudet weitere Konsequenzen. Sie entzieht ihm das Regierungspräsidium nun endgültig, das er vergangenen September bereits vorübergehend abgegeben hatte. Das teilte die Genfer Exekutive heute mit.
Und Pierre Maudet (40) muss noch weitere Aufgaben abgeben. In seiner Funktion als Vorsteher des Sicherheitsdepartements muss er weitere Dossiers abgeben. Nach den Bereichen Justiz, Polizei und Flughafen ist er nun auch die Hoheit über die Gefängnisse, das Bevölkerungs- und Migrationsamt sowie das Amt für Bevölkerungsschutz und Militär los.
Sein Verhalten sei eines Staatsrats «unwürdig»
Die neue Aufgabenverteilung soll in Kürze in Kraft treten, noch muss ihr das Parlament zustimmen. Die Regierung begründet den Schritt unter anderem damit, dass die Staatsanwaltschaft vergangene Woche mitteilte, das Verfahren gegen Maudet wegen Vorteilsnahme ausweiten zu wollen.
Die Regierung wirft Maudet zudem vor, ein «Lügengebilde» konstruiert und ein Verhalten gezeigt zu haben, das «vollkommen unwürdig» sei und die Glaubwürdigkeit des Amtes untergrabe. Mit den getroffenen Massnahmen wolle man garantieren, dass die Regierung noch kohärent und effizient funktionieren kann.
Maudet will Staatsanwälte auswechseln
Pierre Maudet geht derweil in die Offensive. Der angeschlagene Genfer Staatsrat hat die Staatsanwaltschaft über seine Anwälte aufgefordert, die Staatsanwälte zurückzuziehen, die das Verfahren gegen ihn wegen Verdachts auf Vorteilsnahme führen.
Der Antrag auf Ablehnung sei am Mittwochmorgen bei der Staatsanwaltschaft eingegangen, teilten Maudets Anwälte Grégoire Mangeat und Fanny Margairaz mit. Maudet wirft der Staatsanwaltschaft vor, der Kantonsregierung am 9. Januar Auszüge aus dem Protokoll einer Anhörung übermittelt zu haben. Darin hatte der FDP-Politiker gestanden, sich in er Weise verhalten zu haben, die mit seinem Amt unvereinbar ist.
Übermittlung sei «völlig inakzeptabel»
Nach Ansicht der Verteidiger des Staatsrats könnte die Übermittlung von Dokumenten an die Kantonsregierung eine Amtsgeheimnisverletzung darstellen. Diese Denkweise basiert auf einem Rechtsgutachten von Marc Thommen, Professor an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Die übermittelten Dokumente unterliegen nach dessen Auffassung der Geheimhaltung.
Maudets Anwälte prangern die Übermittlung von Auszügen aus der Anhörung während der Untersuchung scharf an. Sie betrachten es als einen Akt «völlig inakzeptabler institutioneller Gewalt». Nach ihrem Kenntnisstand sei nie ein Antrag auf Aufhebung des Amtsgeheimnisses gestellt worden.
Notfalls soll Bundesanwaltschaft ermitteln
Das Strafverfahren gegen Maudet wird vom ersten Staatsanwalt Stéphane Grodecki geleitet. Er wird bei seiner Tätigkeit vom Generalstaatsanwalt des Kantons Genf, Olivier Jornot, und dem ersten Staatsanwalt, Yves Bertossa, unterstützt.
Maudets Verteidiger drohen, möglicherweise gar noch einen Schritt weiter zu gehen und mehr als eine Ablehnung der zuständigen Staatsanwälte zu verlangen. Sie erwägen eine Übertragung des Verfahrens an eine andere Behörde, ausserhalb des Kantons, oder gar an die Bundesanwaltschaft, wie sie im Communiqué schreiben. Dies, falls die Unparteilichkeit der Genfer Staatsanwaltschaft und die Unschuldsvermutung in diesem Verfahren nicht mehr gewährleistet werden könne. (SDA)