Für einmal sind sich die Parteichefs einig: Mit dem von Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (48) eingeleiteten Spurwechsel wird der SVP-Parteikurs toxisch. «Die SVP vergiftet den Arbeitsfrieden. Sie will die totale Ausbeutung der Arbeitnehmer», sagt Roger Nordmann (44). Das Fazit des SP-Fraktionschefs: «Die SVP ist ausser Rand und Band.»
BDP-Parteipräsident Martin Landolt (49) nennt es «entlarvend», dass sich die SVP zur Aufkündigung der Freizügigkeit «willkürlich derjenigen Argumente bedient, die sich gerade anbieten». Er wirft der SVP Willfährigkeit vor, was «der grössten Partei der Schweiz» schlecht anstehe.
Früher habe es mit Toni Brunner (43) und Adrian Amstutz (64) zwei Autoritäten in der SVP gegeben, «heute herrscht ein Gerangel unter rund einem Dutzend Alphatieren». Für GLP-Präsident Jürg Grossen (48) ist der Angriff auf die flankierenden Massnahmen «billig» und «wirtschaftsschädlich».
Die drei Parteipräsidenten sind sich einig: Die SVP habe sich isoliert mit ihrem Frontalangriff auf die Sicherung guter Arbeitsbedingungen.
CVP-Chef Gerhard Pfister (55) ergänzt: «Nicht einmal innerhalb der SVP wollen alle die Freizügigkeit abschaffen und die Bilateralen riskieren.» Er appelliert an die Abweichler, die Partei zur Vernunft zu bringen.
Für SVP-Chef Albert Rösti (50) ist das «alles Quatsch». Genau wegen der Freizügigkeit seien Löhne unter Druck. Man habe der Wirtschaft zeigen wollen: «Die flankierenden Massnahmen haben den freien Arbeitsmarkt kaputtgemacht.» Wenn man die Freizügigkeit abschaffe, gebe es anstelle der Flankierenden Kontingente und Höchstzahlen. Diese seien für den Arbeitnehmerschutz viel wirksamer.
«Es ist gut, dass die SVP zugibt, dass sie die Personenfreizügigkeit abschaffen will, damit sie den Arbeitnehmern ans Portemonnaie kann. Und dass sie zurück will zu Zeiten, als wir Saisonniers hatten und der Lohndruck im Arbeitsmarkt enorm war», sagt Nordmann. «Um den Lohnschutz zu sichern, müssen wir die Personenfreizügigkeit retten», folgert er.
Unter den Parteichefs steht Rösti allein da. Ausnahmsweise sind sogar FDP-Chefin Petra Gössi (42) und Unia-Gewerkschafter Corrado Pardini (52) einer Meinung. Gössi im BLICK: «Die flankierenden Massnahmen schützen die Arbeitnehmer.» Pardini ergänzt: «Die Flankierenden sind unsere unverzichtbare Absicherung gegen Lohn- und Sozialdumping. Mit ihnen können wir die Arbeitnehmer und unseren Arbeitsmarkt schützen und für gleich lange Spiesse für in- und ausländische Firmen sorgen.»