«Männerclub FDP», titelte der BLICK letzte Woche. Grund: Wird Kronfavoritin Karin Keller-Sutter (54) in den Bundesrat gewählt, hat die FDP keine einzige Frau mehr im Ständerat. Dieser Zustand dürfte gar länger andauern: Bei den Wahlen in einem Jahr haben die FDP-Frauen einen schweren Stand.
Doch die Freisinnigen sind damit nicht alleine. Ausgerechnet der SP, die mit der Ausrufung des «Jahres der Frau» mehr Politikerinnen ins Stöckli hieven wollte, droht eine feministische Blamage. Sie könnte nach den Wahlen 2019 wie die FDP gänzlich ohne Frauen vertreten sein.
Vier Rücktritte
Grund ist der überraschende Rücktritt von Géraldine Savary (49). Die Waadtländerin zog gestern die Konsequenzen aus der Affäre um Wahlkampfspenden durch den Milliardär Frederik Paulsen (68) und umstrittene Reisen nach Russland.
Die anderen drei amtierenden SP-Ständerätinnen – Pascale Bruderer (41, AG), Anita Fetz (61, BS) und Liliane Maury Pasquier (61, GE) – haben ihren Rücktritt schon länger angekündigt.
Wermuth und Jans kommen unter Druck
Die SP steht damit vor der Herkulesaufgabe, neue Frauen ins Stöckli zu hieven. Die parteiinterne Ausmarchung im Kanton Aargau zeigt aber exemplarisch, dass auch SP-Männer für Frauen nicht zurückstehen, wenn es um ihre eigene Karriere geht. So stieg SP-Nationalrat Cédric Wermuth (32) in den Ring und setzte sich klar gegen Parteifreundin Yvonne Feri (52) durch.
Zu einem ähnlichen Geschlechterkampf kommt es in Basel-Stadt, wo das Mandat seit Jahren fest in SP-Hand ist. Finanzdirektorin Eva Herzog (56) tritt an. Konkurrenz bekam sie ausgerechnet von SP-Vizepräsident Beat Jans (54). Die Delegierten entscheiden im Februar. Der Druck auf Jans, wegen des akuten Frauenmangels zu verzichten, dürfte in den kommenden Wochen ansteigen.
Anders als bei der FDP haben die SP-Frauen auch andernorts durchaus Chancen, Ständeratssitze zu ergattern. Im Tessin könnte die Nationalratspräsidentin vom kommenden Jahr, Marina Carobbio Guscetti (52), den nahtlosen Übergang in den Ständerat anstreben. Und auch im Waadtland stehen mögliche SP-Nachfolgerinnen für den Sitz von Savary bereit. Ebenso in Neuenburg, wo gleich beide Ständeräte abdanken.
Häberli-Koller alleine mit 45 Männern?
Auf null dürften die SP-Frauen im Ständerat also kaum sinken. Aber die Verteidigung aller vier Sitze oder gar ein angestrebter Ausbau scheint unwahrscheinlich.
So gut wie sicher ist zudem, dass über alle Parteien die Anzahl Frauen von derzeit sieben weiter sinken wird. Im extremsten Fall sässe die Thurgauer CVP-Politikerin Brigitte Häberli-Koller (60) gar alleine mit 45 Männern im Saal, wie die «NZZ» mutmasst. Diese hofft, «dass nun Bewegung in die Sache kommt und möglichst viele Frauen kandidieren».
Nur eine Ständerätin – das wäre ein Rückschritt ins 1971! Im Jahr, als das Frauen-Wahlrecht eingeführt wurde, schaffte die Genferin Lise Girardin (†89, FDP) die Wahl in die kleine Kammer. Danach stieg der Frauenanteil bis 2003 auf elf Vertreterinnen an. Seither sinkt er kontinuierlich.