Als passionierter Bergsteiger hat der drahtige Andreas Burgener (57) schon die Eigernordwand durchklettert – eine alpinistische Glanzleistung. Die schwierigste Tour steht dem Direktor von Auto Schweiz aber noch bevor: Er will das Volk von der Milchkuh-Initiative überzeugen, die sein Verband lanciert hat. Mit an Bord sind der Touring Club (TCS) und der Automobil Club (ACS).
Das Begehren kommt am 5. Juni vors Volk. Es verlangt, dass künftig alle Abgaben der Fahrzeuglenker in die Strasseninfrastruktur fliessen. Heute ist es nur die Hälfte. Der Rest geht in die Bundeskasse.
Die Gegner warnen von einem finanziellen Loch von 1,5 Milliarden Franken beim Bund. Burgener lässt das nicht gelten: «Das Geld entspricht gerade mal zwei Prozent des Haushaltes.» Allein der Personalaufwand des Bundes sei von 2007 bis 2014 um 22 Prozent gewachsen, also um eine satte Milliarde Franken. «Wer weniger Geld im Portemonnaie hat, muss sich halt neu ausrichten», sagt Burgener, der 33 Autoimporteure vertritt.
Seit dieser Woche steht Burgener vor einer schwierigen Ausgangslage. Der Ständerat hat beschlossen, dass künftig 60 statt 50 Prozent der Einnahmen durch Automobilisten der Strasse zugutekommen sollen. Gleichzeitig soll der Benzinpreis um vier Rappen erhöht werden. Das brächte der Strasse zusätzliche 800 Millionen Franken ein.
Politiker wie FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter (52, SG) oder ihr Kollege Andrea Caroni (35, AR) haben der Milchkuh-Initiative deshalb den Rücken gekehrt und sind ins Nein-Lager gekippt. Ständerat Konrad Graber (57, LU) spricht bereits von einer «halben Milchkuh».
Burgener widerspricht: «Die parlamentarische Beratung ist noch lange nicht zu Ende, vor der Schlussabstimmung ist das alles nichts wert.» Das zusätzliche Geld diene vor allem der Finanzierung des sogenannten Netzbeschlusses: Bei diesem geht es im Wesentlichen darum, dass der Bund von den Kantonen bestimmte Strassenabschnitte in sein Nationalstrassennetz aufnimmt. «Das ist ein Projekt der Kostenverschiebung von den Kantonen zum Bund, das keinem Strassenbenützer etwas bringt», sagt Burgener.
Auch einem weiteren Argument der Gegner kann der Fahrer eines blauen Maserati Ghibli (330 PS) nichts abgewinnen. Es lautet: Eine Benzinpreiserhöhung sei jetzt angezeigt, weil die Mineralölsteuer seit 40 Jahren nicht angerührt worden sei. Sie beträgt 30 Rappen pro Liter Treibstoff.
Burgener kontert: «Es ist nicht einzusehen, warum die Autofahrer, die auf effiziente und moderne Antriebe setzen, für ihren Minderverbrauch an Treibstoff jetzt bestraft werden sollen.» Die Rechtfertigung beweise nur, dass die Autofahrer tatsächlich die «Milchkühe der Nation» seien.
Deren Abgaben und Gebühren hätten sich seit 1960 mehr als versechsfacht, sagt Burgener und schliesst mit einer rhetorischen Frage: «Warum sollen Strassenbenützer mehr zahlen, solange ein grosser Teil ihrer Abgaben zweckentfremdet wird?»