Vielleicht ist es die grösste Anerkennung, die Andrea Nahles (47) je bekommen hat. Ausgerechnet von Horst Seehofer (68). Nahles sei «eine starke und vor allem kenntnisreiche Verhandlerin», schwärmte der CSU-Chef nach den Koalitionsverhandlungen. Und: Sie habe «immer wieder stabilisierend in die eigenen Reihen hineingewirkt».
SPD gleicht einem Trümmerhaufen
Am vergangenen Mittwoch verkündete Ex-Kanzlerkandidat Martin Schulz (62) dann, sein Amt als SPD-Parteichef an Andrea Nahles weiterreichen zu wollen. Ihre Aufgabe: Die Partei einen – als erste Frau in der Geschichte an der Spitze der Sozialdemokraten. Die Personalrochade schien für einen kurzen Moment perfekt. Doch nun steht die designierte Parteichefin vor einem Trümmerhaufen.
Denn: Nach der Selbstzerfleischung der SPD ist Schulz schneller weg als geplant – und der Mitgliederentscheid über die Grosse Koalition steht erst noch bevor. Schon heute soll Andrea Nahles darum kommissarisch zur Parteichefin werden. Eine undankbare Aufgabe.
Doch innerhalb der SPD regt sich Widerstand. Die Landesverbände Berlin und Schleswig-Holstein äussern rechtliche Bedenken gegen eine umgehende kommissarische Übernahme des Parteivorsitzes durch Andrea Nahles. Dazu kommt: Die Flensburger SPD-Oberbürgermeisterin Simone Lange kündigte überraschend eine Gegenkandidatur an.
Von der Juso-Bundesvorsitzenden zur Parteichefin
Bekannt wird Nahles als «linke Schreckschraube» in den Neunzigern. Als Juso-Vorsitzende behauptet sie sich in der Altherrenriege um Oskar Lafontaine (74), bringt später auch den Ex-SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering (78) dazu, das Handtuch zu werfen. Nach Pannen in Steinbrücks Kampagne 2013 übernimmt sie kurzerhand die Wahlkampfleitung. Anpacken ist Nahles Paradedisziplin.
Als Arbeitsministerin gilt sie als dossierfest, menschlich umgänglich – setzt so mehr als 30 Gesetze um. Eine akribische Arbeiterin, die Stein für Stein umwälzt, Geröll beiseite schiebt, die ganz grossen Brocken nach und nach wegträgt.
Nur in ihrem Heimatort Weiler, einem 475-Seelen-Dorf in Rheinland-Pfalz, kennt sie niemand als die knallharte Machtpolitikerin. Dort lebt sie nach der Trennung von ihrem Mann Marcus Frings (50, Kunsthistoriker) mit der siebenjährigen Tochter Ella. Alleinerziehend. Trotz der turbulenten Bundespolitik ist sie hier «die Andrea», die keinen Elternabend verpasst, kein Fest auslässt – schon gar nicht die Fasnacht. Eine echte Powerfrau eben, bestätigen Nachbarn und Freunde stolz der «Bild am Sonntag».
Koalitionsvertrag ein Erfolg für die SPD
Für ihre Heimat und ihre Partei ist Nahles bereit, alles zu geben. Im Januar sondiert sie trotz Grippe, auf dem Parteitag reisst sie mit einer emotionalen Rede das Ruder der Parteibasis Richtung GroKo herum und erzielt dann echte Verhandlungserfolge für ihre Partei.
Am Ende bestehen unglaubliche 70 Prozent des Koalitionsvertrags aus SPD-Inhalten. Sechs Ressorts sichert sich ihre Partei, darunter das wichtige Finanzministerium und das Auswärtige Amt.
Und das, obwohl die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl im vergangenen September mit 20,5 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren haben. Wäre heute Bundestagswahl, läge die SPD laut aktuellen Umfragen bei mickrigen 16,5 Prozent. Knapp vor der AfD.
Quasi die Stunde null für die SPD. Die Partei kann jetzt nur hoffen, dass es Nahles gelingt, die Trümmer zu beseitigen – und die Sozialdemokraten wieder aufzubauen.
Schon zehn Minuten nach der verheerenden Bundestagswahlniederlage schloss die SPD eine Fortführung der Grossen Koalition kategorisch aus. Das Nein der Sozis zwang die CDU/CSU zu Gesprächen mit FDP und Grünen. Nach dem Scheitern von Jamaika landete der Spielball gestern nun wieder bei den Sozialdemokraten. Doch die Parteileitung bleibt hart und verweigert sich Gesprächen mit der CDU. Stattdessen baut man auf Neuwahlen. Ex- und Vielleicht-bald-wieder-Kandidat Martin Schulz: «CDU, CSU, FDP und Grüne haben das Land in eine schwierige Position gebracht. Wir scheuen Neuwahlen nicht!» Die Wähler sollten jetzt neu entscheiden. Ob sie der SPD dann mehr als 20 Prozent schenken, steht in den Sternen. Genau wie die Rolle von Noch-Aussenminister Sigmar Gabriel. Der weilt zurzeit auf Abschiedstournee in Myanmar – und schweigt verdächtig. Immerhin: Ein Umlenken scheint nicht unmöglich. Auf eine mögliche Grosse Koalition nach den Neuwahlen angesprochen, machte SPD-Chef Schulz klar, dass er solch ein Regierungsbündnis dann doch nicht ausschliessen will.
Schon zehn Minuten nach der verheerenden Bundestagswahlniederlage schloss die SPD eine Fortführung der Grossen Koalition kategorisch aus. Das Nein der Sozis zwang die CDU/CSU zu Gesprächen mit FDP und Grünen. Nach dem Scheitern von Jamaika landete der Spielball gestern nun wieder bei den Sozialdemokraten. Doch die Parteileitung bleibt hart und verweigert sich Gesprächen mit der CDU. Stattdessen baut man auf Neuwahlen. Ex- und Vielleicht-bald-wieder-Kandidat Martin Schulz: «CDU, CSU, FDP und Grüne haben das Land in eine schwierige Position gebracht. Wir scheuen Neuwahlen nicht!» Die Wähler sollten jetzt neu entscheiden. Ob sie der SPD dann mehr als 20 Prozent schenken, steht in den Sternen. Genau wie die Rolle von Noch-Aussenminister Sigmar Gabriel. Der weilt zurzeit auf Abschiedstournee in Myanmar – und schweigt verdächtig. Immerhin: Ein Umlenken scheint nicht unmöglich. Auf eine mögliche Grosse Koalition nach den Neuwahlen angesprochen, machte SPD-Chef Schulz klar, dass er solch ein Regierungsbündnis dann doch nicht ausschliessen will.