Amtschef wird zu Vizeminister
Zürcher Topbeamter pimpt seinen Dienstrang

Bruno Sauter, Leiter der Zürcher Wirtschafts­behörde, frisiert auf Reisen seinen Jobtitel – aus Respekt vor dem Gastland, wie das Amt ausrichtet.
Publiziert: 09.09.2018 um 01:15 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:37 Uhr
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Auch in Indien war Sauter (r.) als «Deputy Minister» unterwegs.
Foto: ZVG
Reza Rafi

In Zürich herrscht ein schillernder Fürst: Bruno Sauter. Als Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit setzt der 52-jährige Ökonom die kantonale Standort- und Arbeitsmarktpolitik um. Bruno Sauter verwaltete als oberster Regulator den Wirtschaftsboom der letzten Jahre.

Beobachtern fällt an Sauter schon länger eine spezielle Eigenschaft auf – seine ausserordentliche Wandelbarkeit. Betritt er auf offizieller Mission ausländischen Boden, macht er eine Metamorphose durch: Dann mutiert der Amtschef auf wundersame Weise zum Vizeminister.

Ob Japan, China, Russland oder Indien – im Internet finden sich ­dokumentierte Besuche Sauters zuhauf, bei denen er unter der aufgemotzten (genauer: falschen) Jobbezeichnung unterwegs ist.

Man fragt sich: Ist dies Ausdruck jenes typisch zürcherischen Grössenwahns, über den die Restschweiz so gerne schnödet? Hat da ein Entscheidungsträger seine Eitelkeit nicht im Griff?

Etwas gar selbstbewusst

Sauter wird jedenfalls, wie den Zürchern überhaupt, ein überaus grosses Selbstbewusstsein nachgesagt: Passt ihm die Haltung eines Regierungsmitglieds nicht, tut er dies ­offen kund. 2013 kanzelte er den grünen Regierungsrat Martin Graf wegen dessen Sympathien für die 1:12-Initiative in einem Zeitungsinterview ab – und kassierte dafür eine Rüge seines damaligen Vorgesetzten Ernst Stocker (SVP).

Die jedoch perlte am mächtigen Staatsdiener Sauter spurlos ab.
Seine Sprecherin führt auf Anfrage eine ganz andere Erklärung als Selbstverliebtheit ins Feld. «Der Titel Amtschef wird im Ausland oft gar nicht oder missverstanden», sagt Lucie Hribal, Kommunikationschefin des Amtes für Wirtschaft und Arbeit.

«Gerade im asiatischen Kulturkreis, in China beispielsweise, kann sich die Gegenseite herabgesetzt fühlen, wenn nicht ein Amtsträger auf Augenhöhe erscheint. Eine direkte Übersetzung wie Head of Office würde den Kompetenzen, die Herr Sauter als Amtschef hat, nicht gerecht werden.»

«Government Councillor oder State Minister»

Ausserdem, so Hribal, vertrete Sauter bei manchen Reisen Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP), deren Amt mit Government Councillor oder State Minister übersetzt wird. Hribal: «Die Verwendung des Titels Deputy Minister ist mit der Direktionsvorsteherin, aber auch mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft abgesprochen. Dies ist somit ein beschreibender Arbeitstitel.»

Auf Bundesebene hat die Verwaltung mehr Spielraum, um ihren Exponenten zusätzliches Gewicht zu verschaffen – Bundesräte können ihren Amtsvorstehern den Diplomatenstatus oder den Rang eines Staatssekretärs verleihen. Den kantonalen Behörden bleibt nur die Titelbolzerei.

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