Er wollte gut 2,7 Millionen Franken, bekommen hat er am Ende weniger als die Hälfte: Ende Oktober hat der Bundesrat entschieden, Christoph Blocher (80) einen Teil des Ruhegehalts, das der alt Bundesrat bisher nicht bezogen hatte, rückwirkend auszubezahlen. 1,1 Millionen wurden Blocher aufs Konto überwiesen – und das, obwohl nach wie vor strittig ist, ob es dafür wirklich eine Rechtsgrundlage gibt. Dass der schwerreiche Unternehmer mitten in der Corona-Krise die hohle Hand macht, sorgt weit und breit für Kopfschütteln, auch in den eigenen Reihen.
Bei der SVP hoffte man, mit dem Bundesratsentscheid wachse rasch Gras über die unangenehme Episode. Doch Blocher selbst sorgt dafür, dass erneut Ärger aufkommt.
Kein Gespür für Nicht-Milliardäre
Der Parteidoyen war in der SRF-Talksendung «Gredig direkt» zu Gast. Nachdem Moderator Urs Gredig (50) einen Ausschnitt des Gesprächs auf Twitter veröffentlicht hat, gehen die Wogen im Netz hoch. «Widerlich», «überheblich» und «weltfremd» sind nur einige der Adjektive, welche im Zusammenhang mit Blochers Auftritt fallen. Auch SP-Präsidentin Mattea Meyer (33) und Grünen-Präsident Balthasar Glättli (48) äussern ihr Befremden über die Aussagen des alt Bundesrats.
Denn dieser zeigte mit seinem SRF-Auftritt erneut, dass er sein einst untrügliches Sensorium fürs «Volk» verloren hat: Auf Gredigs Frage, ob er verstehen könne, dass seine Ruhegehaltsforderung vielen Menschen in den falschen Hals geraten ist, sagte Blocher: «Dass es Neider gibt, war schon immer so.»
«Sie haben kein Verhältnis zum Reichtum!»
Der alt Bundesrat zitierte Schriftsteller Jeremias Gotthelf (1797–1854): «Wer Neider hat, hat Brot. Wer keine hat, hat Not.» Und auch, dass der SRF-Moderator das nicht verstehen kann, war für Blocher keine Überraschung. So warf er Gredig an den Kopf: «Sehen Sie, Sie haben kein Verhältnis zum Reichtum!»
Jemand, der reich ist, verzichte nicht einfach auf «ein, zwei Millionen». «So einer wird schnell arm», sagte Blocher. Dem Staat hingegen würde die Million, die nun auf sein Konto fliesst, «überhaupt nichts» ausmachen. Auch nicht in der Corona-Krise.
Er habe sich als National- und später als Bundesrat zwar immer dafür eingesetzt, das Ruhegehalt für ehemalige Magistraten abzuschaffen, räumt Blocher ein. Dass er nun selbst davon profitieren will, ist für ihn aber kein Widerspruch: «Ich bin ja nicht dagegen, dass ich allein das beziehe, sondern ich bin gegen die ganze Regelung.»
SP-Meyer: Blochers Verhalten sei schamlos
SP-Chefin Meyer bezeichnet die Aussagen Blochers als «schamlos». Ein SVP-Mitglied schreibt: «Ich kann unseren geschätzten alt Bundesrat leider wirklich nicht mehr verstehen. Ganz Corona-unabhängig. Was ist nochmals unser Credo bezüglich Geld vom Staat?»
Auch Satiriker Mike Müller (57) kann sich einen Kommentar nicht verkneifen: «Na, wer von euch Losern hat auch kein Verhältnis zum Reichtum?» (lha)