Die Brexit-Abstimmung habe für die Schweiz eine völlig neue Situation geschaffen, die man nun genau analysieren sollte, sagte die ehemalige Aussenministerin, Micheline Calmy-Rey im Interview mit der «NZZ». «Wir sollten jetzt nicht nach Brüssel rennen, sondern schauen, was Grossbritannien aushandelt. Also ich sage: «Wait and see!» Lassen wir Grossbritannien den Schneepflug spielen.»
Die Masseneinwanderungs-Initiative der SVP muss gemäss Initiativtext im Februar 2017 umgesetzt sein. Dennoch versteht Genferin die Eile nicht; der Bundesrat könne – sofern dann noch kein Gesetz vorliege – eine Verordnung verabschieden.
Und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit seinen eigenen Waffen schlagen. «Wir sollten die Juncker-Strategie anwenden», rät Calmy-Rey. «Als Juncker luxemburgischer Premierminister war, wartete er zu und schaute, was die Schweiz bei der Zinsbesteuerung mit der EU aushandelt. Und dann stürzte er sich in die Bresche.»
«Wait and see» hiesse allerdings nicht, nichts zu tun. Die Schweiz sollte einen Konsens über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative hinbekommen. Dies könnte über einen Gegenvorschlag zur Rasa-Initiative geschehen. Denn der Bundesrat habe keine gute Verhandlungsposition, wenn sich in seinem Rücken niemand einig sei. «Die Umsetzung sollte aber EU-kompatibel sein, denn wir sollten die Europäische Union nicht unnötig provozieren.» (nmz)