Als Privatperson an seinem Wohnort
Berset wehrte sich gegen Handy-Antenne – Swisscom liess Projekt fallen!

Dokumente zeigen: Gesundheitsminister Alain Berset hat sich privat gegen den Bau einer Handy-Antenne an seinem Wohnort gewehrt. Unter anderem auch wegen gesundheitlicher Bedenken.
Publiziert: 24.08.2022 um 22:17 Uhr
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Aktualisiert: 26.08.2022 um 09:49 Uhr
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Bundesrat Alain Berset wollte nicht, dass die Swisscom ganz in der Nähe des Hauses seiner Familie eine 4G-Antenne baut.
Foto: Keystone
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Adrien Schnarrenberger

Eine Mobilfunk-Antenne, ganz in der Nähe von seinem Zuhause? Das passte Bundesrat Alain Berset (50) so gar nicht. Der Gesundheitsminister hat sich gegen den Bau einer Antenne in seiner Heimatgemeinde Belfaux FR gewehrt. Das belegen Unterlagen, zu denen die Freiburger 5G-Gegnerin Chantal Blanc (44) gestützt auf das kantonale Öffentlichkeitsgesetz Zugang bekommen hat. Sie liegen Blick vor.

2018 wollte die Swisscom die Antenne in der Nähe von Bersets Haus entfernt bauen. Damals handelte es sich noch um eine 4G-Antenne, die das Unternehmen inzwischen auf 5G hätte umrüsten können. Der Bundesrat sowie seine Frau, seine Mutter und ein weiterer Verwandter erhoben gegen den Bau Einsprache.

Auch andere Anwohner taten dies. Im Gegensatz zu den meisten anderen, die den Bau verhindern wollten, trug sich Berset aber nicht einfach auf der Unterschriftenliste besorgter Einwohner ein, sondern richtete sich mit einem eigenen Schreiben an die Gemeinde.

«Schädliche Auswirkungen auf Mensch und Tier»

Im Brief führt der Bundesrat sechs Argumente an: Neben dem gewählten Standort – in der Nähe befänden sich unter anderem die Schule sowie Kinderkrippen –, der Beeinträchtigung der Landschaft und der Bausubstanz wird auch eine gesundheitliche Beeinträchtigung angeführt. «Elektromagnetische Wellen technologischer Herkunft, insbesondere jene, die von der Mobilfunktechnologie ausgehen, haben schädliche Auswirkungen auf Mensch und Tier», schreiben die Bersets.

Es ist ein Satz, der nicht nur 5G-Kritikerin Blanc aufhorchen lässt. Berset steht als Innenminister dem Bundesamt für Gesundheit vor, das auch für den Strahlenschutz zuständig ist. Auf einer Info-Seite für die Bevölkerung beruhigen das BAG und weitere Bundesämter besorgte Bürgerinnen und Bürger: Zwar könne die Strahlung «bei sehr hohen Intensitäten Körpergewebe erwärmen», heisst es. International empfohlene Grenzwerte, die auch die Schweiz anwende, würden aber vor zu hohen Belastungen schützen.

Berset-Sprecher relativiert Aussage

Auf die gesundheitlichen Bedenken des Gesundheitsministers angesprochen, relativiert sein Sprecher Christian Favre. Sie seien nicht das Hauptargument im von Berset unterzeichneten Brief. Vielmehr gehe es vor allem darum, dass man den für den Bau gewählten Standort als ungeeignet erachte. Zudem habe Berset im Schreiben lediglich darauf hingewiesen, dass «die korrekte Einhaltung der Strahlennormen wesentlich» sei, da man dadurch Gesundheitsrisiken ausschliessen könne. Diese Voraussetzung sei gegeben.

Tatsächlich hält Berset in der Einsprache fest, dass die Einhaltung der Strahlennormen essenziell sei. Er schreibt aber auch, man müsse beachten, dass in Zukunft die Emissionswerte nach oben angepasst werden könnten.

Swisscom verzichtete auf Bau

Bersets Widerstand zeigte Wirkung. Die Swisscom verzichtete auf den Bau der Antenne in Belfaux. Zur grossen Überraschung von 5G-Gegnerin Blanc.

Sie habe schon in Dutzenden Fällen Einsprache erhoben, sei gar bis vor Bundesgericht gegangen, um den Bau von Mobilfunk-Antennen zu verhindern, erzählt sie. Dass die Swisscom ein Projekt so einfach fallen lasse wie in Belfaux, das habe sie noch nie erlebt. Der 5G-Gegnerin ist es wichtig zu betonen, dass sie Berset nichts Unrechtes vorwerfe. Im Gegenteil, sie danke ihm «für seinen Widerstand».

Der Verdacht liegt nahe, dass das Staatsunternehmen das Antennenprojekt wegen des prominenten Einspracheführers hat fallen lassen. Auf Nachfrage bestreitet dies die Swisscom. «Wir haben den Standort aufgrund einer negativen Stellungnahme des Amtes für Kulturgüter gewechselt», sagt Sprecherin Alicia Richon zu Blick. Der Denkmalschutz soll also der Grund sein.

Ein Sonderfall

Die Swisscom räumt aber ein: Es ist äusserst ungewöhnlich, dass das Unternehmen eine geplante Antenne nicht baut. Man halte in der Regel an eingereichten Baugesuchen fest, es sei denn, ein Projekt verstosse gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen, sagt die Sprecherin. Einsprachen führten «höchstens zu Projektverzögerungen».

Dass das ausgerechnet dann anders war, als ein Bundesrat opponierte? «Zufall», behauptet die Swisscom.

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