Der Güterverkehr in der Schweiz stagniert auf Rekordniveau: 2015 wurden 17,2 Milliarden Tonnenkilometer auf unseren Strassen abgespult. Zweieinhalb Mal so viel wie im Jahr 1980. Auch beim alpenüberquerenden Güterverkehr ist die Schweiz noch weit von der Zielsetzung von 650'000 Lastwagenfahrten pro Jahr entfernt. Aktuell sind es immer noch knapp eine Million.
Der Verein Alpen-Initiative verfolgt die Entwicklung mit Argusaugen. Seit 2002 vergibt er den Teufelsstein an Firmen, die aus Sicht der Alpenschützer mit «unsinnigen Transporten» zur schlechten Bilanz beitragen.
Präsident Jon Pult sagt: «Die Transportdistanzen wachsen weltweit stärker als die Wirtschaft. Wir kaufen immer mehr Güter, die von immer weiter her kommen und die stets absurdere Transportwege hinter sich haben.» Und: «Die Schäden für Mensch und Umwelt sind enorm.»
Dieses Jahr lässt die Alpen-Initiative erstmals öffentlich darüber abstimmen, wer den Schmähpreis bekommen soll. Sie hat dafür drei Firmen nominiert:
Hirschpfeffer aus Neuseeland
Streckenmässig ist die Migros Spitzenreiter, sie importiert neuseeländischen Hirschpfeffer. 23'000 Kilometer legt das Fleisch zurück, bevor es in die Läden gelangt. Die CO2-Transportbilanz veranschlagt die Alpen-Initiative auf 99 Gramm CO2 pro Packung. «Wäre das Wild aus der näheren Umgebung, würde neunmal weniger CO2 ausgestossen», sagt Pult.
Der CO2-Ausstoss liege nur zwischen «39 und 74 Gramm», wehrt sich Migros-Sprecherin Christine Gaillet. Die Migros sei wie die gesamte Branche auf Wildfleischimporte angewiesen. Unabhängig von der Nomination wolle man den Hirschpfeffer bis in zwei Jahren vollständig aus Europa beziehen. Derzeit sei es schon ein Drittel. «Generell gilt: Wenn immer möglich, verkauft die Migros Schweizer Fleisch», so Gaillet.
Wasser aus Fidschi
Das Fiji Water wird von der Zürcher Firma Trivarga importiert und bei Manor und Globus verkauft. Nach über 22'000 Kilometern per Schiff und Lastwagen landet es in der Schweiz. Die CO2-Transportbilanz beträgt laut Alpen-Initiative 244 Gramm CO2 pro Halbliterflasche. Schweizer Mineralwasser kommt auf elf Gramm, Leitungswasser gerade mal auf 0,02 Gramm CO2. «Es ist paradox», meint Pult zum Wasserimport, «denn die Fidschi-Inseln drohen wegen des Klimawandels im Meer zu versinken.»
Trivarga-Chef Arturo Sutter betont die positiven Aspekte. Fiji Water setze auf eine nachhaltige Produktion und die Fiji Water Foundation sei eine der grössten gemeinnützigen Organisationen auf Fidschi. Mit dem weltweiten Verkauf des Wassers würden ökologische und soziale Projekte finanziert – zum Beispiel Aufforstungsprojekte.
Aludose aus Deutschland
Mit dem Caffè Latte Extra Shot verkauft Emmi einen Fertig-Milchkaffee in der Aludose. Dafür transportiert Emmi Schweizer Milch von Suhr AG ins norddeutsche Münster. Die Milch wird dort in Aludosen abgefüllt und zurück in die Schweiz nach Ostermundigen BE gekarrt. Das macht total 1360 Lastwagen-Kilometer. Und 75 Gramm CO2 pro Dose. «Emmi Espresso soll ein energiespendendes Getränk sein, dabei hat das Getränk aber vor allem einen energiefressenden Transportweg», kritisiert Pult.
Man habe Alternativen in der Schweiz geprüft, erklärt Emmi-Kommunikationschefin Esther Gerster. «Derzeit gibt es in der Schweiz keine Anlage, die Milchmischgetränke in Dosen abfüllen kann.» Eine eigene Abfüllanlage sei zu teuer. Auch habe man nicht deutsche Milch verwenden wollen, sondern bekenne sich zur Schweizer Milch.
Nun entscheidet die Öffentlichkeit, wer den Teufelsstein erhält. Pults Hoffnung: «Wir möchten die Firmen dazu bringen, endlich auch Massnahmen zu treffen, um die Transportwege zu reduzieren.»