Das Coronavirus ist zwar aus dem Alltag weitgehend verschwunden, bleibt aber unberechenbar. SP, Grüne, GLP, Mitte-Partei, FDP und EVP treten deshalb gemeinsam für die Verlängerung einzelner Bestimmungen aus dem Covid-19-Gesetz an. Abgestimmt wird am 18. Juni.
Der weitere Verlauf der Pandemie lasse sich nicht zuverlässig abschätzen, schrieb das überparteiliche Ja-Komitee am Montag. Mit der Verlängerung des Covid-Gesetzes könnte rasch gehandelt werden, sollte sich die Lage deutlich verschlechtern. Wichtig sei dies namentlich für den Schutz von besonders Gefährdeten.
Zur Vermeidung von Notrecht
Nötig sei die Verlängerung auch, um die Wirtschaft gegen ein erneutes Aufflammen der Pandemie abzusichern und die erneute Anwendung von Notrecht zu vermeiden. Dass das Covid-Zertifikat im Inland wieder nötig wird, ist laut Komitee derzeit wenig wahrscheinlich.
Mit der Verlängerung könnten nicht zugelassene Medikamente gegen Covid-19 in Verkehr gebracht werden, argumentiert das Komitee. Auch das Programm zur Entwicklung und Herstellung von Covid-19-Arzneimitteln werde damit gesichert.
Das Covid-19-Gesetz ist seit September 2020 in Kraft und wurde seither mehrmals vom Parlament angepasst. In der jüngsten, Ende Dezember 2022 beschlossenen Version gilt es noch bis Ende Juni 2024. Weil das Parlament die Bestimmungen für dringlich erklärt hat, sind sie bereits in Kraft. Würde die Verlängerung an der Urne abgelehnt, müsste das Gesetz Mitte Dezember 2023 ausser Kraft gesetzt werden.
Verlängert wurde zuletzt beispielsweise die Rechtsgrundlage für das Ausstellen von Covid-Zertifikaten. Mit diesen kann eine Genesung, eine Impfung oder ein negativer Test auf das Coronavirus nachgewiesen werden. Die Zertifikate sollen insbesondere ausgestellt werden können, wenn sie für Auslandsreisen verlangt werden.
Medikamente importieren und Forschung fördern
Weiter soll der Bund weiterhin in der Schweiz noch nicht zugelassene Medikamente gegen schwere Covid-Erkrankungen einsetzen und die Forschung, Entwicklung und Herstellung von Medikamenten fördern können. Arbeitgeber will er nach wie vor verpflichten können, besonders gefährdete Personen in ihrer Belegschaft vor Ansteckungen zu schützen, etwa mit Arbeit von zu Hause aus.
Bei Bedarf soll auch die zurzeit deaktivierte Covid-App wieder in Betrieb genommen werden können. Sie dient der Nachverfolgung von Kontakten mit positiv auf das Virus getesteten Personen. Auch Einreisebeschränkungen will der Bund bei Bedarf anordnen können, Grenzgängerinnen und Grenzgänger aber trotz geschlossener Grenzen einreisen lassen.
Die Kantone soll der Bund immer noch verpflichten können, die Auslastung der Spital-Kapazitäten auf ihrem Boden zu melden. Eine Meldepflicht soll auch für Medikamente, Schutzausrüstung und wichtige medizinische Güter wieder eingeführt werden können. Der Bund will, falls nötig, einen Überblick über Zahl und Auslastung der Spitalbetten haben und Versorgungslücken rechtzeitig erkennen und verhindern können.
Ein Instrument für den Bundesrat
Mit der Verlängerung soll der Bundesrat ein Instrument in die Hand bekommen für die Bekämpfung des nach wie vor unberechenbaren Virus, ohne dass erneut zu Notrecht gegriffen werden muss. Zurzeit würden fast keine Bestimmungen des Gesetzes mehr angewendet, schreibt der Bundesrat. Ein Nein zur Verlängerung würde ein Handeln in einem erneuten Notfall erschweren.
Die Kantone unterstützen die Verlängerung ebenfalls. Das Covid-19-Gesetz gewährleiste, dass sich Bund und Kantone auch in der nun wieder geltenden normalen Lage gut aufeinander abstimmten, hielt die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) fest. Angesichts der immer noch bestehenden Unsicherheiten sei das wichtig. Und das Gesetz gewährleiste, dass bewährte Instrumente zur Bewältigung der Pandemie weiterhin verfügbar seien.
Der Nationalrat hiess die Vorlage mit 140 zu 50 Stimmen gut. Die Nein-Stimmen kamen aus der SVP-Fraktion und vereinzelt von FDP-Mitgliedern. Im Ständerat passierte die Verlängerung mit 39 zu einer Stimme. Dieses Nein kam von einem SVP-Vertreter.
Mass-Voll und Freunde der Verfassung ergriffen Referendum
Das Referendumskomitee um die Bewegungen Mass-voll und Freunde der Verfassung will einen Schlussstrich ziehen unter die Pandemie. Die Corona-Massnahmen machten keinen Sinn, sagt ein Vertreter des Komitees bei der Übergabe der Unterschriften. Deshalb müsse das Covid-Gesetz baldmöglichst aufgehoben werden und die Demokratie wiederhergestellt werden. Das Covid-19-Gesetz gebe dem Bundesrat eine «undemokratische Machtfülle».
Das Zertifikat für den Nachweis einer Impfung oder Genesung von Covid-19 sei nutzlos, argumentieren die Gegnerinnen und Gegner insbesondere. Denn es habe sich erwiesen, dass Geimpfte das Coronavirus genauso weiterverbreiten könnten wie Ungeimpfte.
Das Komitee bezichtigt sowohl den Bundesrat als auch das Parlament der Lüge. Deren Corona-Politik sei «nie zielführend» gewesen. (SDA/shq)