Algerien-Kenner Thomas Aeschi (SVP, 38) zum notorischen Einbrecher Moumen Z. (29)
«Algerien nimmt seine Pflichten nicht wahr!»

SVP-Nationalrat und Algerien-Kenner Thomas Aeschi (38) über die Probleme bei der Rückführung von vermeintlichen Asylbewerbern aus Maghreb-Staaten.
Publiziert: 21.08.2017 um 18:43 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 17:29 Uhr
Interview: Anian Heierli

Der Algerier Moumen Z.* (29) tanzt den Schweizer Behörden auf der Nase herum. Der Serien-Einbrecher hat 13 Vorstrafen. Schon vier Mal wurde sein Asylgesuch abgelehnt (BLICK berichtete). Trotzdem bleibt er in der Schweiz. Ihm hilft, dass sein Heimatsland Algerien seine kriminellen Staatsangehörigen nicht zurücknimmt. Im Interview nimm der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi (38) zum Problem Stellung.

BLICK: Wie kann es ein, dass ein Algerier wie Moumen Z. mit einer massiven kriminellen Energie in der Schweiz bleibt?
Thomas Aeschi:
Algerien akzeptiert keine Sonderflüge, bei denen Personen unter Polizeischutz gegen ihren Willen ausgeschafft werden. Ebenso sperrt sich der Maghreb-Staat gegen entsprechende Transporte auf dem Seeweg.

Weshalb?
Algerien fürchtet sich davor, dass kriminelle Staatsbürger ins Land zurückkommen. Für mich ist klar: Der Staat nimmt seine Pflichten nicht war. Es ist ein Grundprinzip, dass jeder Staat seine Bürger – auch kriminelle – zurücknimmt.

Im Fall von Moumen Z. fehlen die Papiere. Ist das ein Problem?
Auch bei der Zusammenarbeit im Bereich der Identifizierung stellt sich Algerien quer. Sein Nachbar Tunesien kooperiert hier viel besser. Nach Tunis sind auch Sonderflüge möglich, und die Identifizierung klappt gut.

Gibt es keine Alternative zu den Sonderflügen?
Nach Algerien gibt es Linienflüge ab Genf. Aber: Wenn sich eine Person weigert, einzusteigen, muss man sie gehen lassen. Zu gross wäre das Risiko für die anderen Passagiere. Auf einem Linienflug gibt es keine Transporte unter Zwang. Zudem wollen die Fluggesellschaften nicht, dass die anderen Gäste belästigt werden.

Ein Teufelskreis?
Natürlich. Solche Leerläufe verursachen enorme Kosten, die der Steuerzahler trägt. Die Situation ist auch für die Polizei belastend. Sie transportieren eine Person, die sich illegal in der Schweiz aufhält, an den Flughafen. Nur um sie anschliessend wieder zurückzubringen. Für die Beamten ist das jedes Mal eine Situation, die mit Risiken verbunden ist.

Die Schweiz hat mit Algerien seit zehn Jahren ein Rückübernahme-Abkommen. Alles nur reine Makulatur?
Darin ist festgehalten, dass Rückführungen nur im Luftraum und mit Linienflügen erfolgen. Das Abkommen entfaltet seine Wirkung tatsächlich nicht. Vermutlich ging man bei dessen Abschluss von einer besseren Kooperation seitens Algerien aus.

Gibt es Verhandlungen?
Nein. Deshalb muss der diplomatische Austausch dringend verstärkt werden. Es braucht Gespräche auf oberster Staatsebene. Wir müssen Algerien klarmachen, dass die Schweiz das Abkommen sofort neu verhandeln will.

Hat die Schweiz politische oder wirtschaftliche Druckmittel?
Die wohlhabende algerische Elite besucht die Schweiz gerne. Zwar können wir ihnen als Schengen-Mitglied die Einreise nicht verweigern. Aber man kann verlangen, dass gewisse Gruppen ein Schengen-Visum ohne Einreisemöglichkeit für die Schweiz erhalten. Das klappte bereits früher unter dem Gaddafi-Regime in Libyen. Auch wird heute ein Freihandels-Abkommen diskutiert. Wenn sich Algerien wirtschaftlich integrieren will, fällt das ins Gewicht.

Algerien gilt als wirtschaftlich isoliert.
Richtig. Dank den Ölvorkommen konnte man sich in den letzten Jahren einen gut ausgebauten Sozialstaat leisten. Doch der Rohstoffpreis ist weiterhin sehr tief. Noch sind in Algerien Wohnungen bezahlbar, Nahrungsmittel sehr günstig, und auch die medizinische Versorgung ist relativ gut. 

Weshalb verlassen dann immer wieder junge Männer das Land?
Ich bin in diesem Sommer mit dem Töff durch Algerien gefahren und habe mir selbst ein Bild gemacht. Die Arbeitslosigkeit ist gross. Es gibt kaum einen Privatsektor, und die Löhne für Staatsangestellte sind relativ tief. Ein Polizist verdient monatlich rund 250 Franken. Damit kann er sich staatlich subventionierte Grundnahrungsmittel und eine Sozialwohnung leisten. Aber Luxusgüter wie beispielsweise ein Parfüm sind unerschwinglich. Gerade junge Männer verlassen deshalb das Land in der Hoffnung, sie könnten sich andernorts eine Existenz aufbauen.

* Name der Redaktion bekannt

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