Alfred Heer will Parteichef werden
«Die SVP ist kein Sanierungsfall»

Alfred Heer will Nachfolger von Albert Rösti als SVP-Präsident werden. Im Gegensatz zu Übervater Christoph Blocher sieht Heer in der Partei keinen Sanierungsfall.
Publiziert: 26.01.2020 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 26.01.2020 um 09:40 Uhr
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Niemand habe auf einen Einpeitscher aus Zürich gewartet, sagt Nationalrat Heer.
Foto: keystone-sda.ch
Simon Marti

Er wolle sich keineswegs aufdrängen, betont Al­fred Heer (58). Wenn die Partei einen besseren Chef fände, sei ihm das nur recht. «Aber ich will mithelfen, dass die SVP wieder in Fahrt kommt, darum stelle ich mich als Präsident zur Verfügung», sagt der Zürcher Nationalrat.

Seit Albert Rösti (52) kurz vor Weihnachten seinen Rücktritt zum Frühjahr angekündigt hat, dreht sich das Kandidatenkarussell in der grössten Partei des Landes. Heer ist als Letzter aufgesprungen – angestossen vom Präsidenten der Zürcher SVP, Benjamin Fischer (29). Dass der Vorstand der Kantonalsektion Heer übermorgen Dienstag der Findungskommission offiziell melden wird, gilt als Formsache.

Ein Konzept muss her

Heer war von 2009 bis 2016 Präsident der Zürcher SVP; 2017 zog er seine Kandidatur als Chef der SVP-Bundesfraktion zurück.

Nun geht es um das nationale Präsidium. Heer hat eine ziemlich genaue Vorstellung, wie sich die SVP nach der Wahlniederlage vom ­Oktober aufstellen muss. «Es braucht mehr programmatische Arbeit», betont er. Ein Konzept müsse her, das so gut sei, «dass auch ein Kartoffelsack die Partei leiten kann». In den wichtigen Themenbereichen Altersvorsorge und Gesundheitswesen müsse die SVP vorangehen: «Die EU und die Migration sind und bleiben unsere Kernanliegen, aber als grösste Partei müssen wir breiter werden.» Provokation sei gut und richtig, aber Polemik allein genüge nicht.

Auch für die kleinen Leute

Und siehe da: Die Parteispitze forderte kürzlich, dass die Gewinne der Nationalbank aus Negativzinsen der AHV zukommen sollen. Dass der Vorschlag auf einen Vorstoss von Heer zurückgeht, fiel unter den Tisch.

«Die SVP muss auch für die kleinen Leute schauen», fährt Heer fort. Darum habe er sich schon als Zürcher Kantonsrat gegen eine Kürzung der Ergänzungsleistungen gewehrt. Überhaupt: «Auch Sozialfälle und Secondos sollen SVP wählen. Eine Stimme ist eine Stimme, egal von wem.»

Innerhalb der Partei setzt der Stadtzürcher auf Ausgleich. Abkanzeln will er keinen, trotz aller Stimmverluste, welche insbesondere die Deutschschweizer ihren welschen Parteikollegen unter die Nase reiben: «Einfach unsere Leute zusammenstauchen, das geht nicht.»

«Wir waren überall schlecht»

In der Westschweiz habe niemand auf einen Einpeitscher aus Zürich gewartet. «Wir waren überall schlecht, aber nicht, weil die Basis ­irgendwo zu wenig leistet. Wir müssen sie motivieren, statt sie im Frontalunterricht zu belehren.» Dann kehre auch der Schub zurück und die Partei werde wieder eine Bewegung. «Wie damals, beim Nein zum EWR.»

Die Abstimmung von 1992, die den Aufstieg der SVP einläutete, war das Werk von alt Bundesrat Christoph Blocher (79). Heer war früh Teil dieser Bewegung. Die politische Ochsentour führte ihn vom Zürcher Gemeinderat über den Kantons- in den Nationalrat.

Gleichwohl gilt in der SVP bis heute, dass man ohne Blochers Segen einen schweren Stand hat. Blocher war es auch, der die Partei bei der Kadertagung in Bad Horn TG vor zwei Wochen zum «Sanierungsfall» erklärte. Ein Verdikt, das Heer «bei allem Respekt für Christoph Blocher» nicht teilt: «Die SVP ist kein Sanierungsfall. Es bringt auch nichts, mit solchen Sprüchen unsere Leute aufzuschrecken.» Denn wer wolle sich schon für einen ­Sanierungsfall engagieren?

Es sind Aussagen wie diese, die manche SVPler vermuten lassen, Heer werde vor der Präsidentenwahl zurückgebunden – damit das Rennen Marcel Dettling (38) oder Werner Salzmann (57) macht. Die beiden behalten ihre Ambitionen derzeit noch für sich.

Erste Attacke gegen ­Alfred Heer

Tatsächlich lancierte der Blocher-Vertraute Roger Köppel (54) am Donnerstag eine erste Attacke gegen ­Alfred Heer: In einem Video auf Facebook stellte der «Weltwoche»-Chef dessen Eignung infrage, unterstellte ihm eine «zum Teil Blocher-kritische Haltung» und einen Bonus bei den Medien, den er seiner Kritik an der Partei verdanke.

Heer gibt sich gleichgültig: Er könne zu Köppels Video keine Auskunft geben. «Ich schaue mir ­solche ­Sachen nicht an.»

Franz Ruppen will nicht SVP-Chef werden

Franz Ruppen (48) nimmt sich aus dem Rennen: Der Walliser Nationalrat bewirbt sich nicht für das Präsidium der SVP. «Ich habe mich entschlossen, nicht zu kandidieren», sagt Ruppen auf Anfrage. «Obwohl dieses Amt einen grossen Reiz hat», wie er betont. «Aber mit dem Gemeindepräsidium von Naters, meinem Mandat als Nationalrat und meiner Anwaltskanzlei ist eine solche Aufgabe schlicht nicht kompatibel», so Ruppen.

Wäre er angetreten, hätte er sich durchaus Chancen ausrechnen können: Der Notar stammt aus einem zweisprachigen Kanton und führt bereits seit 15 Jahren die Oberwalliser SVP. Mit der Knochenarbeit in den Sektionen, die Parteigranden nun anmahnen, kennt er sich aus.

Folglich trauten ihm viele in der SVP die Leitung der nationalen Partei zu. Allerdings wählt das Wallis im kommenden Jahr eine neue Regierung. Gut möglich, dass Ruppen dann für die SVP den Sitz im Staatsrat zurückholen will, der mit der Abwahl von Oskar Freysinger (59) 2017 verloren ging.

Gestern gab der Parteileitungsausschuss der SVP die Zusammensetzung der Findungskommission bekannt, welche in den kommenden Wochen die Kan­didaten durchleuchten wird: Unter der Leitung des ehemaligen Frak­tionspräsidenten Caspar Baader (66) ist auch Ex-Präsident Toni Brunner (45) mit von der Partie.
Den Kantonalpar­teien bleibt noch bis am 1. Februar Zeit, der Findungskommission ihre Kandidaten zu melden. Die Delegierten der SVP wählen ihren ­neuen Parteichef Ende März.

Franz Ruppen holt für die SVP das Stadtpräsidium von Naters.
Verzichtet: Der Walliser Nationalrat Franz Ruppen.
Keystone

Franz Ruppen (48) nimmt sich aus dem Rennen: Der Walliser Nationalrat bewirbt sich nicht für das Präsidium der SVP. «Ich habe mich entschlossen, nicht zu kandidieren», sagt Ruppen auf Anfrage. «Obwohl dieses Amt einen grossen Reiz hat», wie er betont. «Aber mit dem Gemeindepräsidium von Naters, meinem Mandat als Nationalrat und meiner Anwaltskanzlei ist eine solche Aufgabe schlicht nicht kompatibel», so Ruppen.

Wäre er angetreten, hätte er sich durchaus Chancen ausrechnen können: Der Notar stammt aus einem zweisprachigen Kanton und führt bereits seit 15 Jahren die Oberwalliser SVP. Mit der Knochenarbeit in den Sektionen, die Parteigranden nun anmahnen, kennt er sich aus.

Folglich trauten ihm viele in der SVP die Leitung der nationalen Partei zu. Allerdings wählt das Wallis im kommenden Jahr eine neue Regierung. Gut möglich, dass Ruppen dann für die SVP den Sitz im Staatsrat zurückholen will, der mit der Abwahl von Oskar Freysinger (59) 2017 verloren ging.

Gestern gab der Parteileitungsausschuss der SVP die Zusammensetzung der Findungskommission bekannt, welche in den kommenden Wochen die Kan­didaten durchleuchten wird: Unter der Leitung des ehemaligen Frak­tionspräsidenten Caspar Baader (66) ist auch Ex-Präsident Toni Brunner (45) mit von der Partie.
Den Kantonalpar­teien bleibt noch bis am 1. Februar Zeit, der Findungskommission ihre Kandidaten zu melden. Die Delegierten der SVP wählen ihren ­neuen Parteichef Ende März.


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