Gesundheitsminister Alain Berset (51) schwieg bisher zu den «Corona-Leaks». Ein Sonderermittler hatte zufällig herausgefunden, dass Bersets Ex-Kommunikationschef während der Pandemie engen Kontakt mit Marc Walder (58), CEO des Ringier-Konzerns, der auch den Blick herausgibt, pflegte.
Eine GPK wurde eingesetzt, um zu prüfen, ob diese Kontakte zu Medienberichten geführt hatten – und fand nichts. Jetzt gab Berset den «Tamedia»-Zeitungen ein Interview. Darin spricht er auch über direkte Kontakte mit Ringier-CEO Marc Walder während der Corona-Pandemie. Er beharrt aber darauf, dass nichts Vertrauliches ausgetauscht wurde.
«Teilweise war ich auch dabei»
Im Interview sagt er: «Selbstverständlich wusste ich, dass es Kontakte zum Ringier-CEO gab. Teilweise war ich auch dabei.» Dazu müsse man verstehen: Die Verwaltung habe immer Kontakte zu Kreisen, die von Entscheiden betroffen seien oder Inputs geben könnten. «Er (Walder, Anm. d. Red.) hat sich sehr für die Bekämpfung der Pandemie interessiert und ist immer wieder mit Ideen auf uns zugekommen», sagt Berset im Interview.
Da sei es zum Beispiel um das Pilotprojekt für die Impfung in Grossunternehmen gegangen, das Walder angeboten habe. «Es waren auch die Zurich-Versicherung und Credit Suisse dabei, da ging es um mehrere Zehntausend Angestellte», erklärt Berset.
Sein Kommunikationschef Peter Lauener (53) habe dabei nicht nur mit Walder, sondern mit vielen Akteuren Kontakt gehabt, mit Regierungsräten, Detailhändlern oder Sportvereinen.
«Ja, es gab Fehler»
Die GPK hielt in ihrem Bericht fest, dass keine Beweise gefunden wurden, dass Lauener Medien vorab Informationen gegeben habe, die zur Erstellung von Insider-Berichten führten. Das erwähnt auch Berset im Interview nochmal. «Es gibt kein einziges Element darin, das die These stützt, dass Informationen für eine Vorabberichterstattung genutzt worden wären.»
Berset erinnert im «Tamedia»-Interview nochmal an die intensive Corona-Zeit. «Wir haben Tag und Nacht und die Wochenenden unter grossem Druck durchgearbeitet.» Es habe selbstverständlich Dinge gegeben, die man heute anders machen würde. «Und ja, es gab Fehler.»
«Die Namen meiner Kinder waren erwähnt»
Wie aber mit Lauener umgegangen werde, sei falsch. «Die medialen Konsequenzen und die Persönlichkeitsverletzungen sind für ihn massiv, und das Ergebnis der Untersuchung hat ihn entlastet.» Dies hätte von der GPK stärker betont werden müssen, findet Berset.
Der Bundespräsident enthüllt im Interview, dass die Indiskretionen zum Teil direkte Konsequenzen auf sein Privatleben hatten. «Meine Familie wurde bedroht.» Ihm sei ein Ultimatum gestellt worden, auf einen Vorschlag öffentlich zu verzichten. «Die Namen meiner Kinder waren erwähnt, unsere Privatadresse. Und jetzt wird allen Ernstes insinuiert, ich hätte irgendwie selbst Indiskretionen organisiert?» Sein Team habe gesehen, wie ihn dies persönlich belastet habe.
Berset schiesst im Interview scharf gegen die GPK. «Ich hätte eine ergebnisoffene Untersuchung erwartet», sagt Berset. Aufgabe der Geschäftsprüfungskommission des Parlaments (GPK) sei es, systemische Verbesserungen vorzuschlagen. Doch der Bericht lese sich wie der Versuch, zu beweisen, dass sämtliche Indiskretionen aus dem Innendepartement gekommen seien. «Der GPK-Bericht bringt keine neuen Einsichten, wie es zu Indiskretionen kommt», kritisiert Berset. (neo)