Herr Bundesrat, Sie zeigen Stil mit Ihrem Borsalino-Hut.
Alain Berset: In der Hitze muss ich mich als Glatzenträger schützen. Ich liebe Hüte sehr, trage sie auch im Winter.
Treten Sie in Locarno besonders elegant auf?
Ich achte auf meine Kleidung. Das gehört sich so als Bundesrat. Hier kann ich entspannter sein, die Krawatte auch mal ablegen.
Oder mit grosser Kelle anrühren. Sie haben gerade zusammen mit Dimitri Risotto verfeinert.
Risotto habe ich schon als Student gekocht. Dimitri treffe ich gerne, er ist ein grosser Botschafter der Schweizer Kultur.
Als Kulturminister treffen Sie in Locarno Hollywood-Grössen: Sie plauderten mit Alain Delon und Ornella Muti, spazierten mit Edward Norton über den Teppich. Wer ist Ihr persönlicher Filmheld?
Delon zu treffen, war beeindruckend. Aber ich hatte nie einen einzigen Lieblingsschauspieler.
Sie treffen nun Andy Garcia, den Paten.
Mit ihm verbindet mich eine persönliche Anekdote: Kurz nach meiner Wahl in den Bundesrat sagte ich in einem Interview, ich hätte gerade den Film «Intouchables» gesehen. Ich meinte die französische Komödie über einen Mann im Rollstuhl und dessen Pfleger. Der Interviewer verstand «The Untouchables – Die Unbestechlichen», Garcias Mafia-Streifen (lacht).
Nach dem Ja zur Initiative gegen die Masseneinwanderung wurde die Schweiz aus der EU-Filmförderung ausgeschlossen. Sie haben stets betont, dass Sie verhindern wollen, dass die hiesigen Filmschaffenden «auf einer isolierten Insel» arbeiten müssen. Wo stehen Sie heute?
Auf technischer Ebene sind wir bereit. Wir könnten noch dieses Jahr den neuen Vertrag mit der EU unterschreiben. Inhaltlich gibt es keine Differenzen. Aber die politischen Fragen blockieren das neue Abkommen.
Hat die Schweiz Konzessionen gemacht, damit die EU einlenkt?
Die Diskussion dreht sich nicht um einen Kompromiss, sondern um die Weiterführung einer bewährten Zusammenarbeit. Zurzeit sind jedoch die Gespräche in allen Bereichen blockiert.
Das Parlament hat kürzlich sechs Millionen für die Filmförderung bewilligt. Zufrieden?
Viel mehr Schweizer Filme sollen wieder in der Schweiz gedreht werden! Ich habe das Set des «Schellenursli» im Engadin besucht. Diese Gegend leidet unter der Frankenstärke. Aber allein für die Dreharbeiten wurden in der Region 1,5 Millionen Franken ausgegeben. Davon will ich mehr!
Soll James Bond bald wieder auf den Schweizer Bergen auftauchen?
Das ist nicht das primäre Ziel. Unsere Gelder werden nicht in US-Produktionen fliessen. Diese kommen, wenn sie unsere wundervolle Kulisse wollen. Mir geht es um Schweizer Filme.
Sie betonen, Aufgabe des Schweizer Films sei es, sich mit unserer Identität auseinanderzusetzen.
Filme wie «Azzurro» oder «Der Goalie bin ig» sagen uns, wer wir sind, wo wir waren und auch wohin es geht. Der «Goalie» ist eine Identitätssuche in der Kleinstadt mit vielen Facetten. Ich wünsche mir mehr solche berührenden, aber auch unterhaltenden Stoffe!
Also Produktionen mit mindestens drei Bergspitzen und zwei Kühen. Sie selber witzeln darüber.
Man muss als Magistrat auch mal Witze machen können. Im Ernst: Es geht um die Förderung unseres Filmschaffens.
Ihre Frau Muriel begleitet Sie in Locarno. Haben Sie Zeit, einen Film gemeinsam zu geniessen?
Mindestens den Film auf der Piazza abends gönnen wir uns immer.