Der Bieterkampf geht in die entscheidende Phase: Kur vor dem WEF hat die Schweiz die vier Kampfjethersteller aufgefordert, ihr definitives Angebot für den Ersatz der Schweizer Flotte zu unterbreiten. Bis August müssen Boeing, Lockheed-Martin, Dassault und Airbus nun liefern, was sie zu welchen Konditionen liefern wollen. Am WEF in Davos weibelten denn auch alle Anbieter fleissig für ihr Produkt. BLICK traf Dirk Hoke (51), Chef des deutschen Konzerns Airbus Defence und Space.
Herr Hoke, Sie wollen uns Ihren Kampfjet verkaufen ...
Dirk Hoke: Genau.
Warum sollte sich die Schweizer Armee für den Eurofighter entscheiden?
Erstens, weil sie einen braucht. Die Schweiz muss ihre Flotte ersetzen, wenn sie künftig noch eine Luftwaffe haben will. Ich hoffe, dass die Schweizer Bevölkerung das im September an der Urne bestätigen wird. Zweitens glauben wir, dass wir das perfekte Flugzeug für Ihr Land haben.
Was macht den Eurofighter denn so «perfekt»?
Die Schweiz sucht einen Patrouillen-Jet. Das heisst, man muss schnell starten und in der Luft sein können. Mit dem 80'000 PS starken Eurofighter sind Sie in 90 Sekunden auf 10'000 Metern und durchqueren in knapp 330 Sekunden die gesamte Schweiz.
Sind Sie schneller als die anderen?
Ja. Weil unser Jet leichter ist als der F35 und stärkere Triebwerke hat als die Rafale. Und das ist nicht der einzige Vorteil: Mit unserem Jet wäre zudem die deutsche Regierung Vertragspartnerin, die ebenfalls 38 neue Eurofighter beschafft. Das heisst: Sie bekommen erstens die neuste Version, zweitens profitieren Sie von Synergieeffekten mit der deutschen Luftwaffe in Sachen Trainings, Simulation und Ersatzteile. Und drittens gibt es so einen guten Preis.
Von welchem Preis reden wir? Wie viele Jets bieten Sie für sechs Milliarden an?
Wir machen derzeit die Berechnungen. Bei der Stückzahl hat sich die Armassuisse ja auf 40 Jets festgelegt. Ein ganz entscheidender Vorteil gegenüber den amerikanischen Flugzeugen wird übrigens sein, dass es keine Blackbox gibt.
Das heisst?
Es gibt keine versteckten Komponenten, zu denen die Schweiz, etwa bei der Wartung, keinen Zugang hat. Der F-35 müsste beispielsweise für die Wartung der Tarnkappenbeschichtung jedes Mal in die USA gebracht werden. Und Sie brauchen für bestimmte Einsätze im Ausland die Exporterlaubnis der Amerikaner. Sie können das Flugzeug nicht einfach überall hinfliegen.
Gut, das tun wir auch nicht ...
Für Trainings schon. Sie wären ständig vom Goodwill der USA abhängig. Mit dem Eurofighter hingegen wäre die Schweiz ein Partner. Wir blicken mit der Ruag auf eine lange und gute Zusammenarbeit zurück.
Sie machen uns den Eurofighter schmackhaft. Airbus soll beim Verkauf an Österreich aber mit Schmiergeld nachgeholfen haben. Können Sie garantieren, dass es mit der Schweiz nicht zu Korruption kommt?
Der Deal mit Österreich war lange vor meiner Zeit. Ich kann also offen reden: Bis jetzt gibt es keinerlei Nachweis, dass es bei der Vergabe zu Korruption kam. Sollte es neue Hinweise geben, bin ich gern bereit, bei der Aufklärung zu helfen. Ansonsten erwarte ich, dass das Verfahren endlich eingestellt wird.
Derzeit wetteifern Sie nicht nur gegen die US-Anbieter Boeing und Lockheed Martin, sondern auch gegen die Rafale von Dassault. Künftig aber wollen Sie mit den Franzosen zusammenspannen.
Genau. Gemeinsam arbeiten unsere beiden Konzerne am Future Combat Air System FCAS, das 2040 in Serie gehen soll.
Das nicht richtig zum Fliegen kommt.
Falsch. Ich gebe Ihnen recht, dass vor drei Jahren niemand daran geglaubt hat. Nun aber sind wir auf gutem Weg. Und das ist wichtig, denn künftig wird die Vernetzung eine entscheidende Rolle spielen. Wir planen konkret einen neuen Jet der sechsten Generation, der mit und ohne Pilot geflogen werden kann ...
Moment: Sie wollen unbemannte Kampfjets in die Luft schicken?
Man wird zumindest die Option haben. Alle europäischen Unternehmen haben sich aber verpflichtet, dass wichtige Entscheide immer vom Menschen getroffen werden. Nie wird ein Algorithmus bestimmen, ob ein Angriff ausgeführt wird oder nicht. Aber das FCAS wird mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sein. Und drumherum wird es ein komplettes, über eine Cloud vernetztes System geben, in das bestehende und zukünftige Komponenten wie Aufklärungsdrohnen eingebunden werden können.
Sind Verbundsysteme wie FCAS die Zukunft des Luftkampfs?
Davon bin ich überzeugt. Und sollte die Schweiz sich für den Eurofighter entscheiden, wäre sie Teil davon.
Schön, aber werden Konflikte in Zukunft überhaupt noch mit traditionellen Waffen ausgetragen?
Leider, ja.
Was heisst leider? Sie verdienen damit gutes Geld.
Natürlich. Aber wir sehen uns auch in der Pflicht, zur Verteidigung der demokratischen Werte beizutragen. Müssten diese nicht verteidigt werden, würden wir andere Wege finden, um Geld zu verdienen.
Dirk Hoke (51) ist seit knapp vier Jahren CEO des deutschen Technologieunternehmens Airbus Defence and Space. Der Maschinenbau-Ingenieur begann seine berufliche Laufbahn in der Automobilindustrie bei Renault in Frankreich. Zwei Jahre später wechselte er zu Siemens, wo er in den vergangenen 18 Jahren mehrere Managementpositionen bekleidete. Unterer anderem war er in führender Position am Bau der Magnetschwebebahn Maglev in Shanghai beteiligt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Dirk Hoke (51) ist seit knapp vier Jahren CEO des deutschen Technologieunternehmens Airbus Defence and Space. Der Maschinenbau-Ingenieur begann seine berufliche Laufbahn in der Automobilindustrie bei Renault in Frankreich. Zwei Jahre später wechselte er zu Siemens, wo er in den vergangenen 18 Jahren mehrere Managementpositionen bekleidete. Unterer anderem war er in führender Position am Bau der Magnetschwebebahn Maglev in Shanghai beteiligt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.