Zwei der weltweit wichtigsten Jobs könnten bald in die Hände von egozentrischen Haudegen fallen. Donald Trump (70) peilt das Weisse Haus in Washington an, Boris Johnson (52) könnte im Fall eines Votums für den Brexit Premierminister von Grossbritannien werden. Heute wird auf der Insel über den EU-Austritt abgestimmt, das Resultat wird morgen früh erwartet.
Auffallend ist, wie sehr sich Boris Johnson und Donald Trump gleichen: blonde Mähne, konservativ, egozentrisch, polternd – wie bei der Geburt getrennt! Auch haben beide deutsche Wurzeln: Johnsons Urururgrossmutter war die uneheliche Tochter von Prinz Paul von Württemberg (1785–1852), Trumps Grosseltern väterlicherseits stammten aus Kallstadt in der Pfalz.
Zwei Brüder? Nicht ganz: Wenn es um die Politik geht, driften die beiden auseinander. Klaus Armingeon, Dozent für vergleichende Politik und Europapolitik an der Universität Bern, erklärt den Unterschied: «Wenn Herr Trump verwirklichen würde, was er heute verspricht, dann würden der demokratische Rechtsstaat, der amerikanische Wohlfahrtsstaat, die Gleichstellung der Geschlechter oder die friedliche Kooperation der Demokratien wahrscheinlich kaum gefördert werden. Herr Johnson möchte den Austritt Grossbritanniens aus der EU – das ist politisch umstritten und ökonomisch wahrscheinlich nachteilig, aber nicht verwerflich.»
Boris Johnson hat im Gegensatz zu Trump einen politischen Leistungsausweis: Er war von 2008 bis 2016 Bürgermeister von London und hat in seiner Stadt unter anderem den öffentlichen Verkehr und das Velofahren gefördert. Armingeon: «Er hat London überhaupt nicht in Schutt und Asche zurückgelassen.»
«Schlimmste Moment im Leben»
Johnson mag es auch nicht, mit Trump verglichen zu werden. Es sei für ihn der «schlimmste Moment im Leben» gewesen, als ihn Passanten in New York für Trump gehalten hätten. Johnson über Trump: «Ich bin sehr besorgt darüber, dass er US-Präsident werden könnte.»
Eine Achse der Egos würde die USA und Grossbritannien wohl etwas durchschütteln, schaden würde sie der Welt aber nicht. Armingeon: «Man überschätzt leicht die Wirkung der Politik und von führenden Politikern. Insbesondere in Demokratie und Rechtsstaat sind ihnen enge Grenzen gesetzt.» Sie müssten Mehrheiten bilden, sich an gesetzliche Regeln halten und auf die eigenen Parteien und die eigenen Wählerschaften Rücksicht nehmen.
Wenn auch die beiden Politiker aus Schweizer Sicht als egozentrische Quertreiber bezeichnet würden, aus der Perspektive der Wählerschaft seien sie es nicht. Armingeon: «Was würden wohl Briten und Amerikaner zu den Herren Blocher, Köppel oder Brunner sagen?»