Sie wollten für das Recht auf Abtreibung auf die Berner Strassen: Doch die Stadt lehnt ein Bewilligungsgesuch für eine Demonstration gegen den «Marsch fürs Läbe» ab: Um «die Sicherheit der Kundgebungsteilnehmenden sowie unbeteiligter Passantinnen und Passanten» gewährleisten zu können, seien keine weiteren Kundgebungen zugelassen, teilte die Stadtregierung am Donnerstag mit.
Der Gemeinderat habe demzufolge die Kantonspolizei beauftragt, «Störungen der öffentlichen Sicherheit zu unterbinden».
Funiciello: «Das gehört ins Mittelalter!»
Gegen den Aufmarsch der mehrheitlich aus freikirchlichem Umfeld stammenden Abtreibungsgegnern demonstrieren wollte unter anderem die Juso Bern. Juso-Präsidentin Tamara Funicello (28): «Das ist eine Frechheit. Das Verhalten der Polizeidirektoren von Stadt und Kanton ist mehr als bedenklich.»
«Hier passiert ein massiver Abbau von demokratischen Rechten.» Die Meinungäusserungsfreiheit sei somit nicht gewährleistet. «Damit werden Leute eingeschüchtert, die Rechte ausüben wollen.»
Die erklärte Feministin kann nicht glauben, dass nach dem Jahrzehntelangen Kampf für die Fristenlösung die Legitimität der Abtreibung überhaupt wieder zum Thema wird. «Meine Körper, meine Entscheidung», skandiert sie den historischen Spruch der Aktivistinnen. «Dass diese Leute nach wie vor denken, dass sie über unseren Körper entscheiden können, gehört ins Mittelalter!»
Zur Kundgebung auf dem Bundesplatz werden mehrere Tausend Menschen erwartet. Viele von ihnen sollen - wie schon 2016 - mit Cars aus diversen Schweizer Städten direkt vors Bundeshaus auf den abgeriegelten Bundesplatz gefahren werden und dort am Abend wieder abgeholt werden.
2016 kam es zu Ausschreitungen
Beim letzten «Marsch fürs Läbe» 2016 sorgten Hunderte Polizisten dafür, dass damals 1700 Menschen aus dem christlich-konservativen Milieu vor dem Bundeshaus gegen Abtreibungen und Sterbehilfe demonstrieren konnten. Hunderte Gegendemonstranten aus linksautonomen Kreisen taten ihren Unmut in der Innenstadt kund.
Die Stimmung in Bern ist angespannt, nachdem es anfangs September vor der Reitschule zu heftigen Zusammenstössen zwischen Vermummten und der Polizei gekommen war. Der kantonale Polizeidirektor Philippe Müller (FDP) forderte in der Folge die rotgrüne Stadtregierung zum Handeln auf.
Müller nahm insbesondere die Reitschule ins Visier, die seiner Ansicht nach zu wenig gegen Attacken auf Polizisten tue und als Rückzugsort für gewaltbereite Demonstranten diene. Die Reitschulbetreiber konterten ihrerseits mit dem Vorwurf, die Polizei habe bewusst die Eskalation gesucht. (SDA/vfc)