Abt Christian Meyer (47) nennt das Bähnli «Gemüseharass». Mit Gottes Segen schaukelt es durch Sturmböen auf die Alp Tagenstal auf 1548 Meter über Meer. Knapp drei Personen finden Platz in der blauen Kabine, in welcher sonst der Senn seine Milchkannen transportiert. Wenn es einem nicht an Gottesvertrauen mangelt, dann dem Abt des Klosters Engelberg.
«Diese Alp ist magisch und ein bisschen mystisch», sagt er. Statt Kutte trägt er Regenjacke und Wanderhose. Er sei lieber draussen, wenn es regnet, als bei Sonnenschein. «Dann lebt die Natur mehr.»
Die Wanderroute führt über glitschige Flusssteine, durch satte Blumenwiesen mit gigantisch grossen Unkrautblättern und an wilden Himbeeren vorbei zum Kloster-Stausee.
«Mit diesem Wasserkraftwerk produzieren wir den Strom für das Kloster», sagt der Abt. Er sucht nach einem Vierkantschlüssel, um den Dolendeckel zu öffnen. Der oberste Mönch des Klosters Engelberg will zeigen, wo das Wasser abfliesst. «Jeden Sommer haben meine Mitbrüder und ich den See gereinigt», erzählt er. Auch die Tannen am Hang haben die Mönche hochgebunden, als eine Lawine sie umknickte. Jetzt stehen sie wieder gerade. Die Gottesmänner können also anpacken.
Gottesdienste nur noch ab und zu
Doch die Arbeiten für die Klosterbrüder werden immer weniger. Heute ist für das Kraftwerk und die Seereinigung ein Elektriker zuständig. «Es wird halt immer mehr spezialisiert, das ist schade.»
1939, als der Stausees angelegt wurde, bauten Arbeiter auch eine Kloster-Alphütte. Hier kocht der Abt zum Zmittag eine Portion Büchsenravioli, dazu gibt es Salat. «Als ich Kind war, assen wir zu Hause immer samstags nach dem Einkaufen Ravioli, weil es schnell gehen musste», sagt Abt Christian. «Und sie schmecken grossartig!»
Abseits des Klosters geniesst er die Höhenluft. Im Kloster ist der Alltag durchorganisiert. Um 12 Uhr wird gegessen, um 12.30 Uhr hören die Klosterbrüder die Nachrichten auf Radio SRF 1. Als Abt ist Christian Meyer verantwortlich für die Verwaltung des Klosters, eine Managementaufgabe.
Gottesdienste leitet er nur noch ab und zu. An seine Predigten stellt er hohe Ansprüche. «Sie dürfen nicht so kompliziert sein, dass es niemand versteht, aber auch nicht zu simpel.» Er will die Gläubigen für die Sache einnehmen, ihnen die Mystik der katholischen Kirche vermitteln. Er schwärmt von Legenden über geköpfte Jungfrauen, über Weihrauch und Wein. Dann blickt er nach draussen. Es regnet immer noch. Abt Christian geht vor die Hütte, sagt: «So, Herrgott, jetzt lass uns mal aufhören.»