Der Abstimmungskampf um die Energiestrategie 2050 gewinnt an Fahrt. An vorderster Front stellt sich die SVP der Vorlage entgegen.
Nur verheddert sich ausgerechnet Parteipräsident Albert Rösti (49) in einem Interessenkonflikt. Der Berner Oberländer hat das Referendum gegen die Energiestrategie offiziell aufgegleist und das Projekt zuvor jahrelang im Parlament bekämpft.
Sein Verband ist für die Energievorlage
Nur ist Rösti seit letztem September auch Präsident des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes. Und dieser Verband «unterstützt die von den eidgenössischen Räten mit der Energiestrategie 2050 zu Gunsten der Wasserkraft verabschiedeten Massnahmen». So steht es in der Vernehmlassungsantwort des Verbandes vom vergangenen Dezember.
Rösti will hier kein Problem erkennen. Zu SonntagsBlick sagt er: «Bevor ich im vergangenen September gewählt wurde, habe ich dem Wasserwirtschaftsverband klargemacht: Ich bekämpfe die Energiestrategie bis zuletzt.» Zudem mache der Wasserwirtschaftsverband keine Pro-Kampagne.
Rösti weiss aber, dass der Support vonseiten der Wasserkraftwerke die Erfolgschancen des Referendums schmälert. Es sei ein «Affront», die Wasserkraft mit dem Energiegesetz ein wenig zu unterstützen «und gleichzeitig mit Milliardensubventionen die Solarkraft zu fördern, welche die Strompreise und eben auch die Wasserkraft kaputt macht».
SVP-Kampagnenleiter ist Brunner, nicht Rösti
Geleitet wird die Nein-Kampagne übrigens nicht von Rösti. Wohl war er es, der am aktivsten für das Referendum geweibelt hatte. Inzwischen ist aber Ex-SVP-Chef und Nationalrat Toni Brunner (42) zum Kampagnenleiter ernannt worden.
Mit seinem Mandat für den Wasserwirtschaftsverband habe das nichts zu tun, versichert Rösti. Es sei schlicht nicht üblich, dass der Parteipräsident den Lead übernehme. Auch sei Brunner mit der Thematik aufs Beste vertraut.
Röstis Argumente mögen den kritischen Beobachter vielleicht nicht ganz zu überzeugen. Klar ist aber: Brunner als Leiter des überparteilichen Komitees nützt der SVP. Als Bauer soll er eine offene Flanke schliessen, nachdem sich mehrere SVP-Landwirte offen zur Energiestrategie bekannt haben.
«Natürlich kommt es uns entgegen, dass mit Toni Brunner ein Bauer an der Spitze des Referendums steht», sagt Rösti. Er ist überzeugt, dass die Mehrzahl der Bauern bei einem Ja unter «enormen Energiekosten» zu leiden hätte. Der Bauernverband sieht dies freilich anders.
Der Gewerbeverbands-Präsident hat dasselbe Problem
Albert Rösti ist nicht der einzige Exponent der Volkspartei, der mit seinem Verband über Kreuz liegt. In der gleichen Bredouille befindet sich Gewerbeverbands-Präsident und SVP-Nationalrat Jean-François Rime (66, FR).
Die Gewerbler haben die Ja-Parole ausgegeben und loben «die grossen Chancen» der Energiestrategie für die Wirtschaft. Das müsste eigentlich auch Unternehmer Rime gefallen. Für den Politiker Rime bedeutet dies nun aber, dass er im Abstimmungskampf nicht in die Vollen geht. «Ich werde mich zurückhalten», antwortet er auf Anfrage.