Unternehmenssteuerreform III
Warum verschweigt Maurer 2 Mrd Zusatzkosten?

Der Bundesrat gibt im Abstimmungsbüchlein nicht alle Kosten der Unternehmenssteuerreform III an. Die linken Gegner sind empört.
Publiziert: 07.12.2016 um 14:43 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:20 Uhr
Bundesrat Maurer, Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements.
Foto: Keystone

Am Mittwoch publizieret der Bundesrat das Abstimmungsbüchlein, das an alle Stimmbürger verschickt wird. Im Text zur Unternehmenssteuerreform III gibt Finanzminister Ueli Maurer die Steuerausfälle der Reform mit 1,1 Milliarden Franken an, obwohl eine aktuelle Übersicht der Eidgenössischen Steuerverwaltung die bisher bekannten Kosten mit etwa 3 Milliarden Franken beziffert.

Déjà-vu bei der SP

Für die Gegner der Reform ein Skandal: «Die vollen finanziellen Folgen werden vernebelt», sagt die Berner SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen im «Tages-Anzeiger». Die Finanzpolitikerin ist empört und fühlt sich an die Unternehmenssteuerreform II erinnert.

Vor der Abstimmung hatte FDP-Finanzminister Hans-Rudolf Merz die Kosten der Reform mit 900 Millionen beziffert. Später stellte sich heraus, dass stattdessen Milliarden Franken in der Staatskasse fehlten – was dem Bundesrat eine Rüge des Bundesgerichts einbrachte.

«Offenbar hat der Bundesrat nach dem Debakel bei der Unternehmenssteuerreform 2008 Angst, volle Transparenz zu schaffen», mutmasst Kiener Nellen. 

EFD: Schätzungen seien nicht zielführend

Beim Finanzdepartement EFD sieht man das anders: Sprecher Roland Meier verteidigt den Text im Abstimmungsbüchlein: «Wir nehmen die Gesamtkosten der Unternehmenssteuerreform III durchaus ernst, möchten aber mit verbrieften Zahlen operieren», sagt er.

Im Gegensatz zu den Mindereinnahmen des Bundes beruhten die Gewinnsteuerausfälle in den Kantonen und Gemeinden auf Schätzungen. Es sei daher nicht zielführend, im Abstimmungsbüchlein nur Grössenordnungen der mutmasslichen Steuerausfälle aufzuführen.

«Nicht bezifferbar»

Das steht in ähnlichen Worten auch im Abstimmungsbüchlein. So kämen insbesondere mit der zinsbereinigten Gewinnsteuer auf überdurchschnittlich hohem Eigenkapital weitere Mindereinnahmen hinzu, deren Höhe vom angewendeten Zinssatz abhänge.

«Die gesamten finanziellen Auswirkungen der Reform für Bund, Kantone und Gemeinden hängen von vielen Faktoren ab» heisst es weiter. Dazu gehörten die steuerpolitischen Entscheide der Kantone und anderer Länder.

Auch die Reaktion der Unternehmen sei offen. Einige könnten Umstrukturierungen vornehmen oder abwandern. Es könnten aber auch neue Firmen in die Schweiz ziehen. «Die Auswirkungen all dieser Faktoren lassen sich nicht im Voraus beziffern», so der Bundesrat.

Stimmbürger werden allein gelassen

Kiener Nellen ist das nicht genug: Auch wenn nicht alle Zahlen exakt beziffert werden könnten, müssten zumindest die Gesamtkosten der Reform annäherungsweise deklariert werden. «Denn so ist diese Abstimmung für die Bürger ein unhaltbarer Blindflug. Der Bürger ist nicht in der Lage, sich Rechenschaft über die Tragweite der Abstimmungsvorlage zu geben.» (sf)

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