Die Unternehmenssteuerreform III (USR III) trifft die politische Dreifaltigkeit aus Bund, Kantonen und Gemeinden ins Mark. Steuerausfälle sind programmiert – und trotzdem sagen Bund, Kantone und der Schweizerische Gemeindeverband Ja zur Reform. Die Angst vor noch massiveren Folgen eines Neins sind gross. Für die Kantone kommt hinzu: Sie erhalten vom Bund 1,1 Milliarden Franken zusätzlich, um ihre Mindereinnahmen zumindest teilweise zu kompensieren.
FDP-Fluri: «Unnötige Angriffsfläche»
Die Gemeinden hingegen gehen vorerst leer aus. «Es war ein Fehler des Bundesparlaments, für die Gemeinden keine verbindlichen Kompensationszahlungen festzulegen», sagt der Solothurner Stadtpräsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri zu BLICK. «Damit bieten wir den USR-III-Gegnern eine unnötige Angriffsfläche. Das ist gefährlich.»
Tatsächlich fokussieren die links-grünen Referendumsführer in ihrer Kampagne auf die Gemeinden und warnen vor teils massiven Gemeindesteuer-Erhöhungen (BLICK berichtete). Das sorgt beim Stimmvolk für Verunsicherung.
Gemeinden drohen mit Initiative
Kaum verwunderlich also, ist vielen Gemeinden trotz Ja-Parole nicht ganz wohl bei der Sache. Von den Ausgleichszahlungen des Bundes an die Kantone wollen sie ein Stück abhaben.
In die Offensive geht der Verband der Solothurner Einwohnergemeinden. Aufgrund der erwarteten Steuerausfälle von jährlich 75 Millionen Franken müssten die Gemeinden im Rahmen von Ausgleichszahlungen oder Aufgabenentflechtungen «in einem bedeutenden Ausmass entlastet werden», fordert der Verband in seinem jüngsten Newsletter.
Ebenso müsse die Wirtschaft einen Entlastungsbeitrag leisten. Und weil der Verband der Sache offenbar nicht so recht traut, droht er präventiv mit einer kantonalen Gemeinde-Initiative, um seine Forderungen notfalls via Volksabstimmung durchzusetzen.
Hinter dieser Forderung steht auch FDP-Mann Fluri. Die Initiativ-Option sei ein wichtiges Signal an die Stimmbürger, «dass am Schluss nicht sie alleine die Zeche berappen müssen».
SVP-Germann: Volksinitiativen als Ultima Ratio
SVP-Ständerat Hannes Germann (SH) pocht als Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbands ebenfalls auf den Zustupf. Dies umso mehr, als auf sein Betreiben der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer von 17 auf 21,2 Prozent erhöht wird – statt wie vom Bundesrat vorgesehen nur auf 20,5 Prozent. Für ihn ist daher klar, dass die Städte und Gemeinden an den zusätzlichen Geldern angemessen beteiligt werden müssten.
«Im Idealfall schlägt die jeweilige Kantonsregierung eine ausgewogene Lösung vor», so Germann. Wenn nicht, seien die Gemeinden tatsächlich gezwungen, den Druck zu erhöhen. «Das kann auch mittels einer Volksinitiative geschehen. Es sollte aber die Ultima Ratio sein für den Fall, dass keine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann.»
SP-Nordmann: «Milliarden-Loch bleibt»
Dass die Gemeinden jetzt schon mit Ausgleichs-Initiativen drohen müssten, zeige die grosse Unsicherheit, welche die USR III mit sich bringe, moniert SP-Fraktionschef Roger Nordmann (VD). «Auf viele Städte und Gemeinden kommen massive Ausfälle zu, die sie kaum meistern können.»
Doch selbst Kompensationszahlungen für die Gemeinden änderten insgesamt nichts. «Es bleibt ein Loch von mindestens drei Milliarden Franken, das sich auf Bund, Kantone und Gemeinden verteilt», sagt Nordmann. «Wie die Aufteilung schlussendlich aussieht, ist für den Steuerzahler unerheblich. Unter dem Strich bezahlt er die Zeche so oder so.»