Die Schweizer sind ein Volk von Bähnlern. 2014 drückte sich diese Liebe zur Schiene auch an der Urne aus: Mit 62 Prozent sagte das Stimmvolk Ja zum neuen Bahnfonds zur Finanzierung und zum Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (Fabi).
Die ÖV-Lobby mit Verkehrs-Club (VCS), Verband Öffentlicher Verkehr (VÖV) und Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr (Litra) an der Spitze hatte mit einer millionenschweren Kampagne gemeinsam für Fabi gekämpft und gewonnen.
Die gleiche Allianz bodigte dieses Jahr die Milchkuh-Initiative, welche zusätzliche Milliarden in die Strassenkasse umleiten wollte. 71 Prozent sagten Nein.
VCS allein fürs Nein
Am 12. Februar 2017 kommt es mit dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) zum nächsten verkehrspolitischen Kräftemessen. Mit dem NAF sollen jährlich 650 Millionen Franken zusätzlich in die Strasse fliessen. Er gilt als Schwesterstück zu Fabi und als informeller Gegenvorschlag zur Milchkuh-Initiative.
Doch diesmal marschiert die ÖV-Lobby getrennt: Litra und VÖV machen im von Strasse Schweiz geführten Ja-Komitee mit. Der VCS tritt damit allein gegen die NAF-Vorlage an.
Allemann: «Tiefer Griff in die Bundeskasse»
«Wie schon die Milchkuh-Initiative bedeutet auch der NAF einen tiefen Griff in die Bundeskasse, das ist nicht zu verantworten», sagt VCS-Präsidentin und SP-Nationalrätin Evi Allemann. Die Folge seien Sparprogramme, unter welchen etwa der Regionalverkehr leiden werde.
Hinzu komme, dass die Strassenkasse bereits jetzt über üppige Reserven verfüge. «Mit den zusätzlichen Geldern wird die Schweiz weiter zubetoniert statt in eine ökologische Zukunft geführt.»
Für den Frontwechsel ihrer bisherigen Verbündeten hat Allemann wenig Verständnis. «Sie lassen sich davon blenden, dass als kleines Zückerchen auch der Agglomerationsverkehr über den NAF finanziert wird. Dabei machen diese nur gerade etwa ein Zehntel des Kuchens aus.»
Candinas: «Strasse nicht verteufeln»
Tatsächlich ist die Integration des Agglo-Programms ein zentrales Ja-Argument für Litra und VÖV. «Der NAF ist ein Paradebeispiel für eine ganzheitliche Betrachtung», sagt Litra-Präsident und CVP-Nationalrat Martin Candinas.
Er macht klar: «Man darf die Strasse nicht einfach verteufeln. Die Hälfte des öffentlichen Verkehrs – gerade in Städten und Randregionen – läuft via Busse und Postautos über die Strasse.»
Finanziell will Litra aber nur wenige Zehntausend Franken in eigene Ja-Inserate investieren, so Candinas. Der VÖV wiederum beteiligt sich mit 30’000 Franken an der Ja-Kampagne.
Insgesamt hat die Ja-Seite derzeit rund eine Million Franken budgetiert, wie Kampagnenleiter Peter Steiner von Strasse Schweiz erklärt. Wie viel der VCS in die Nein-Kampagne investiert, ist offen. Mit der grossen Kelle wird er diesmal aber nicht anrichten können. Allemann: «Wir verfügen nur über einen Bruchteil der Gelder der Gegenseite.»