Frau Gut, welche SRG-Inhalte hören und sehen Sie?
Ursula Gut: Ich höre regelmässig «Echo der Zeit», manchmal schaue ich «10 vor 10». Am Samstag höre ich «Diskothek» auf Radio SRF 2. Von der Krimiserie «Wilder» habe ich eine halbe Folge gesehen.
Die No-Billag-Abstimmung rückt näher. Schlafen Sie noch ruhig?
Ich kann gut abgrenzen, darum schlafe ich ruhig. Aber die Abstimmung geht mir sehr nahe – es geht um Sein oder Nichtsein der SRG. Viele Mitarbeiter sind einer enormen Belastung ausgesetzt. Ich will ihnen den Rücken stärken, weil sie eine sehr gute Arbeit leisten.
Aber ist es nicht kontraproduktiv, wenn TV-Stars wie Sabine Dahinden öffentlich wehklagen, wie viel sie arbeiten?
Es gibt halt ein gewisses Bedürfnis dieser Leute, das zu sagen. Man darf sich nicht selber rühmen. Aber man darf auch mal mitteilen, welche Leistung man erbringt – und die Bevölkerung fragen: Wollt ihr das noch oder wollt ihr das nicht mehr?
Für Sie ist also klar: Bei einem Ja würde bei der SRG der Stecker gezogen.
Ja. Bei einer Annahme der Initiative folgt die geordnete Liquidation. Sicher wird das in enger Zusammenarbeit mit dem Uvek stattfinden. Aber die Liquidation wird dann unausweichlich.
Die Initianten widersprechen: Die SRG würde bei einem Ja nicht abgeschafft, sie müsste sich lediglich verschlanken.
Diese Aussage ist nicht in Ordnung. Was die Initianten behaupten, ist nicht ganz ehrlich.
Die «Tagesschau» sei selbsttragend, wenn man Werbeerlöse und Produktionskosten gegenüberstellt.
Das ist zum Lachen, das stimmt überhaupt nicht! Die Initiative ist glasklar. Sollte dann noch etwas anderes passieren, ist das die Aufgabe der Politik.
Hand aufs Herz: Hat die SRG mit ihrem zielstrebigen Ausbau in Radio, TV und Internet nicht auch selbst zur heutigen Skepsis beigetragen?
Es ist die Pflicht jedes Unternehmens, auch der SRG, sich neuen Herausforderungen anzupassen. Dazu gehört das digitale Zeitalter. Zum Service public gehört, die breite Bevölkerung, auch die Digital Natives zu erreichen. In den letzten zehn Jahren wurde ausserdem kein neuer Kanal mehr eröffnet.
Die SRG betreibt heute 17 Radio- und sieben TV-Sender. Aber macht ein Wiederholungskanal wie SRF info im Internet-Zeitalter noch Sinn? Den könnte man doch abstellen.
Das ist für mich nicht ausgeschlossen. An solche Diskussionen gehe ich unvoreingenommen heran. Die Schliessung eines Wiederholungskanals brächte finanziell aber wenig.
Die SRG könnte damit signalisieren: Wir sind bereit, uns auch mal zurückzunehmen.
Es mag sein, dass die SRG in der Vergangenheit den Eindruck erweckte, man sei nicht bereit, sich zu bewegen. Das sollten wir künftig vermeiden.
Was müsste die SRG besser machen?
Das Unternehmen ist gut geführt. Es hat sehr gute Leute an der Spitze. Aber wir müssen uns immer wieder überprüfen. Dazu gehört der Eindruck, dass die SRG in breitester Art und Weise auf allen Kanälen sendet.
Finden Sie, die SRG sollte online mehr Werbung machen dürfen?
Das will ich derzeit nicht kommentieren. Jetzt stehen andere Entscheidungen an.
Und bei einem Nein droht bereits die Halbierungsinitiative.
Darum ist es mir besonders wichtig, dass es am 4. März ein deutliches Nein geben wird.
Prominente Parteikollegen in Ihrer FDP unterstützen No Billag, darunter Gewerbedirektor Hans-Ulrich Bigler. Schmerzt Sie das?
In der FDP gibt es verschiedene Meinungen, was grundsätzlich gut ist. Nun gibt es Gewerbevertreter, die sich gegen die Abgabepflicht für Unternehmen engagieren.
Haben Sie kein Verständnis für einen Gewerbler, der privat schon eine Medienabgabe entrichtet und dessen Betrieb noch einmal zahlen muss?
Ich verstehe ein gewisses Unbehagen. 75 Prozent der Firmen jedoch zahlen gar nichts. Die Kleinen werden überhaupt nicht belastet. Aber diese Wirkung hat man im Vorfeld ganz klar unterschätzt.
Sie sind als Freisinnige in einem Unternehmen, das von staatlich verordneter Umverteilung lebt.
Ich bin sehr marktwirtschaftlich eingestellt und war eine strenge Finanzdirektorin. Aber es besteht in diesem Bereich eben kein Markt – zum Beispiel für Kultursendungen. Darum muss der Staat eingreifen. Dazu wird die Medienvielfalt ja nicht grösser, sie schrumpft. Die SRG wird als Medium, mit dem sich Bürger informieren, wichtiger.
Es entstehen im Netz auch neue, unabhängige Portale.
Ich begrüsse sehr, dass etwa mit dem Online-Magazin «Republik» ein neues Medium entsteht. Das ist etwas sehr Gegenpoliges, das finde ich interessant. Dass so viele Menschen für dieses Projekt gespendet haben, zeigt, wie vielen bewusst ist, dass die Vielfalt zurückgeht und immer mehr Regionalmedien in den Händen Einzelner sind.
Einer davon ist SVP-Patron Christoph Blocher. Teilen Sie die Sorge vor der drohenden Berlusconisierung?
Ich will das nicht dramatisieren. Aber dass sich Herr Blocher dafür interessiert, Einfluss auf die Medien zu nehmen, ist eine Realität. Ich finde es nicht gut, dass immer mehr Medien aus demselben Haus kommen. Wir leben von der Vielfalt, das ist mir als liberalem Menschen ganz wichtig.
Lesen Sie ab morgen die grosse BLICK-Serie zur No-Billag-Abstimmung.
Seit 2016 ist Ursula Gut-Winterberger (64) Mitglied des SRG-Verwaltungsrates. Dort vertritt die promovierte Juristin den Bund. Von 2006 bis 2015 war die FDP-Frau zunächst Bau-, dann Finanzdirektorin des Kantons Zürich. Sie lebt in Küsnacht ZH, wo sie ihre politische Laufbahn als Gemeinderätin und Gemeindepräsidentin begonnen hatte. Sie ist verheiratet mit Ulrich E. Gut (65), dem ehemaligen Chefredaktor der «Zürichsee-Zeitung».
Seit 2016 ist Ursula Gut-Winterberger (64) Mitglied des SRG-Verwaltungsrates. Dort vertritt die promovierte Juristin den Bund. Von 2006 bis 2015 war die FDP-Frau zunächst Bau-, dann Finanzdirektorin des Kantons Zürich. Sie lebt in Küsnacht ZH, wo sie ihre politische Laufbahn als Gemeinderätin und Gemeindepräsidentin begonnen hatte. Sie ist verheiratet mit Ulrich E. Gut (65), dem ehemaligen Chefredaktor der «Zürichsee-Zeitung».