Im Wahlkampf 1995 sorgte die SVP mit ihrem berüchtigten Stiefel-Plakat für Aufsehen und Empörung. Darauf ein Stiefel in EU-Blau mit EU-Sternen, der auf einen eidgenössischen Stimmausweis tritt. 2010 holte die Partei das Sujet für ihre Masseneinwanderungs-Initiative erneut hervor: Stiefel, die über ein Schweizer Kreuz trampeln. Mit Provokationen zum Erfolg, so das Rezept der SVP.
Das haben auch ihre politischen Gegner kapiert – und kopiert. Jüngstes Beispiel ist die CVP, welche die Abstimmungskampagne gegen die No-Billag-Initiative anführt. Ihr Plakatsujet zeigt einen Stiefel, der eine als Medienlandschaft illustrierte Schweiz zertritt. Der Slogan: «Nein zum Angriff auf die Schweizer Medienvielfalt – Nein zu No Billag!»
«Die Initiative tritt die Solidarität mit den Minderheiten mit Füssen»
Ein martialischer Auftritt der Initiativgegner also. «Das Sujet zeigt doch gut, wohin die Initiative führt: Ein Ja bedeutet nicht nur für die SRG in der heutigen Form das Aus, sondern bedroht auch zahlreiche private TV- und Radiostationen, die nur dank Gebührengeldern überleben», sagt CVP-Nationalrat Martin Candinas (37, GR). «No Billag ist ein zerstörerischer Angriff auf die Schweizer Medienvielfalt und tritt die Solidarität mit den Minderheiten mit Füssen.»
So sieht es auch Grünen-Präsidentin Regula Rytz (55). «Eine klare Bildersprache, die zeigt, wie zerstörerisch die Initiative ist, finde ich angemessen», sagt die Bernerin. «No Billag hat nämlich nur ein Ziel: Rechtskonservative Kreise wollen jene Medien zerstören, die sie nicht kaufen können.»
Werber sind nicht überzeugt
Experten sind anderer Meinung. «Den Feind mit dessen eigenen Mitteln zu schlagen, ist hier kein besonders cleverer Schachzug», meint Kaspar Loeb (61) von der Agentur CR Kommunikation. Die No-Billag-Gegner müssten die Unentschlossenen überzeugen. «Doch die schreckt eine Bildsprache, die von der SVP abgekupfert ist, wohl eher ab.»
Auch Starwerber Frank Bodin (55) findet den Auftritt der Gegner nicht allzu gelungen. «Das Sujet sagt, was es sagen soll. In gewissen Kreisen könnte es aber kontraproduktiv wirken», sagt er. Seine Kritik geht noch weiter: «Was der Gegenkampagne fehlt, ist eine breite und koordinierte Strategie. Nur damit ist es möglich, die Konsequenzen der Initiative aufzuzeigen.»
Ohne Gebühren sei ein umfassendes Radio- und TV-Angebot nicht zu stemmen. «Für künftig 365 Franken im Jahr bekommt man ein Vollprogramm», sagt Candinas. «Die Alternative ist Pay-TV – das wird für die meisten unter dem Strich teurer.»
Roland Eberle: «Ein Gebühren-Kahlschlag ist falsch und nicht zielführend»
Auch der Thurgauer SVP-Ständerat Roland Eberle (63) stellt sich klar gegen die Initiative. «Das Risiko von seichter, unpräziser und manipulierter Informationsführung wird immer grösser», sagt er. «Damit gewinnt auch die Frage eines öffentlich-rechtlichen Konstrukts eines nationalen Radios und Fernsehens wieder an Bedeutung.»
Zwar müsse sich die SRG in wesentlichen Teilen neu erfinden, aber in einem geordneten Prozess. «Man soll das Kind nicht mit dem Bade ausschütten», so Eberle. «Ein Gebühren-Kahlschlag ist nicht zielführend.»
Mit dem Stiefel-Sujet lanciert das überparteiliche Nein-Komitee diese Woche seinen Abstimmungskampf. Alleine in dessen Co-Präsidium sitzen 15 Politiker aus CVP, SP, FDP, GLP, BDP, Grünen, EVP und selbst SVP – darunter Rytz, Eberle und Candinas.
Finanziell gart die überparteiliche Nein-Kampagne auf tiefer Stufe. CVP-Generalsekretärin Béatrice Wertli (41) beziffert das Budget auf gut 20'000 bis 30'000 Franken. «Wir stellen die Grundlagen für Flyer, Plakate, Website usw. bereit», erklärt sie. «Viel wichtiger ist aber, dass die breite Parteienallianz ihr Netzwerk aktivieren und mobilisieren kann. Dann gewinnen wir die Abstimmung.»