Bis Ende letzter Woche war das bürgerliche Lager geschlossen für die Unternehmenssteuerreform III. Kein prominenter Bürgerlicher kritisierte die Vorlage, über die wir am 12. Februar abstimmen werden. Oder besser: Keiner getraute sich, diese öffentlich zu kritisieren.
Dann kam alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Im BLICK-Interview kritisierte die Architektin der ursprünglichen Reform diese als «aus der Balance geraten». Und verzichtete ausdrücklich auf eine Abstimmungsempfehlung.
Der Mittelstand muss die Zeche bezahlen
Nun kommen weitere bürgerliche Politiker aus der Deckung. Christian Wanner, von 2008 bis 2013 Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren, warnt vor den Steuerausfällen aufgrund der Unternehmenssteuerreform III. «Die Reform wird Kantone und Gemeinden viel Geld kosten», sagt der ehemalige Solothurner FDP-Regierungsrat zum «Tages-Anzeiger».
Die Rechnung der Reformvorlage müsse der Mittelstand bezahlen. «Wenn Geld in der Staatskasse fehlt, haben Sie drei Möglichkeiten. Sie können erstens die Ausgaben senken, zweitens die Einnahmen erhöhen, drittens Schulden machen. Letztlich wird es der Mittelstand sein, der dafür bezahlt», so Wanner.
Wie Widmer-Schlumpf erachtet es der FDP-Mann als problematisch, dass Firmen fiktive Zinsen auf überschüssigem Eigenkapital von den Steuern abziehen können. Zudem habe es das Parlament abgelehnt, die Dividenden zu mindestens 70 Prozent zu besteuern, sagt Wanner.
Neue Reform aufgleisen
Eine Reform sei zwar notwendig. Falls es am 12. Februar ein Nein gebe, müssten Bundesrat und Parlament eine Ersatzvorlage aufgleisen. Wie aber soll diese aussehen?
Wanner im «Tages-Anzeiger»: «Beseitigen wir die von der OECD kritisierten Sonderregimes. Passen wir die Gewinnsteuersätze nach unten an, wenn es sein muss, um die Abwanderung von Firmen zu verhindern. Und sorgen wir gleichzeitig für eine angemessene Gegenfinanzierung. Keine darüber hinausgehenden Begehren von keiner Seite.»