Millionen-Kampagne für «punktuelle Änderungen» im Mietrecht
HEV wird nicht nur von kleinen Hausbesitzern finanziert

Gebetsmühlenartig betont der Hauseigentümerverband (HEV), die Mietvorlagen vom 24. November hätten nur «bescheidene Auswirkungen». Doch in den Abstimmungskampf investiert der Verband Unsummen. Wie passt das zusammen – und von wem stammt das viele Geld?
Publiziert: 10.11.2024 um 17:35 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2024 um 15:50 Uhr
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SP-Nationalrätin Jacqueline Badran und der Mieterinnen- und Mieterverband warnen vor einem gezielten Angriff auf die Rechte der Mieter.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Die Befürworter, angeführt vom Hauseigentümerverband, stecken 3,3 Millionen Franken in die Ja-Kampagne
  • Gleichzeitig sagen die Befürworter, dass die Anpassungen nur «äusserst bescheidene Auswirkungen» hätten
  • Die Kriegskasse des HEV wird auch von Banken und Immobilienfirmen gefüllt
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Wahlkampf ist teuer, auch in der Schweiz. Deshalb freuten sich die Kandidatinnen und Kandidaten für die Parlamentswahlen 2023, dass sie von kantonalen und regionalen Sektionen des Hauseigentümerverbands (HEV) ausgewählt wurden, einen finanziellen Zustupf zu erhalten.

Der HEV St. Gallen zum Beispiel unterstützte sieben Nationalratskandidaten mit insgesamt 67’000 Franken. Zwei von ihnen wurden gewählt: Roland Rino Büchel (59, SVP) und Marcel Dobler (44, FDP).

Ein Jahr später gehören die beiden Parlamentarier zum Komitee im neu gegründeten «Bund für mehr Wohnraum» – und werben für ein Ja zu den Mietrechtsvorlagen, über die das Volk am 24. November entscheidet.

Mieterverband warnt, HEV beschwichtigt

Bei der Abstimmung geht es zum einen um strengere Vorschriften für die Untervermietung, zum anderen sollen Kündigungen wegen Eigenbedarf erleichtert werden.

Der Mieterinnen- und Mieterverband sieht in den geplanten Änderungen einen Angriff auf die Rechte der Mieter. Sie zielten darauf ab, Mieterinnen und Mieter einfacher aus ihrer Wohnung werfen zu können, um danach noch höhere Mieten zu kassieren, warnt der Verband.

Ganz anders klingt es auf der Gegenseite. Der HEV, der die Ja-Kampagne anführt, betont seit Monaten, die beiden Anpassungen hätten lediglich «äusserst bescheidene Auswirkungen». «Es geht um zwei kleine, punktuelle Änderungen», sagte etwa Verbandspräsident Gregor Rutz (52, SVP) in einem Interview mit der «Schweizer Illustrierten».

Kampagne fast so teuer wie bei 13. AHV-Rente

Was angesichts dieser Rhetorik erstaunt: Die Befürworter stecken gemäss dem Portal «Politikfinanzierung» insgesamt 3,3 Millionen Franken in den Abstimmungskampf. Für Schweizer Verhältnisse ist das eine beachtliche Summe.

Zum Vergleich: Um die 13. AHV-Rente zu verhindern – eine der umstrittensten sozialpolitischen Vorlagen der vergangenen Jahre –, wendeten die finanzstarken Wirtschaftsverbände Economiesuisse, Swissmem, Arbeitgeber- und Gewerbeverband mit 3,6 Millionen Franken nur unwesentlich mehr auf.

Der mit Abstand grösste Teil der aktuellen Kampagnenfinanzierung – rund 2,5 Millionen – stammt vom HEV selbst. Weshalb so ein finanzieller Kraftakt, wenn man die Folgen der Gesetzesänderungen doch für derart «bescheiden» hält?

Finanzen «nicht öffentlich»

HEV-Direktor Markus Meier (63) erklärt die hohen Ausgaben auf Anfrage so: «Die Erläuterung der abstrakt formulierten Gesetzesbestimmungen, deren Einordnung ins mietrechtliche Umfeld und deren Wirkungsweisen in der Anwendung bei gleichzeitiger Beibehaltung der Mieterschutzbestimmungen bringen einen umfangreichen Wissensvermittlungs- und Aufklärungsaufwand in deutscher, französischer und italienischer Sprache in den verschiedenen Kommunikationskanälen sowie auf den verschiedenen Plattformen mit sich.» Die «vorzukehrenden Massnahmen» seien deshalb «umfangreich und aufwendig».

Auf die Frage, woher sein Verband das Geld für eine so kostspielige Kampagne nehme, antwortet Meier weniger wortreich: «Rechnungslegung, Revision und Rechnungsabnahme der Vereinsrechnung des HEV Schweiz erfolgen gemäss den relevanten vereinsrechtlichen und statutarischen Bestimmungen und Grundlagen.» Diese Unterlagen seien jedoch «nicht öffentlich».

Klar ist, dass die Kriegskasse des HEV nicht nur von einfachen Hausbesitzern gefüllt wird, sondern auch von Banken, Immobilienfirmen und institutionellen Anlegern.

Finanzstarke Gönner

Im Vorstand der regionalen Sektionen und Kantonalverbände sitzen zahlreiche Vertreter von Finanzinstituten sowie Inhaber von Bau- und Immobilienfirmen. HEV Schweiz wiederum dankt auf seiner Homepage Gönnern wie Credit Suisse, Zurich sowie Mobimo, einem der grössten Immobilienkonzerne des Landes, für ihre «grosszügige Unterstützung».

Auch mit dem Verband Immobilien Schweiz (VIS), der institutionelle Investoren vertritt, arbeitet der HEV eng zusammen, wie etwa die Gründung des «Bundes für mehr Wohnraum» zeigt.

Im Abstimmungskampf aber tritt der HEV konsequent als Anwalt der kleinen, einfachen Hausbesitzer auf – nicht etwa als Vertreter der Immobilienlobby.

Exemplarisch dafür steht eine Aussage von HEV-Präsident Rutz im Interview mit der «Schweizer Illustrierten». Auf die Feststellung der Journalistin, dass es zunehmend Investmentfirmen und institutionelle Investoren seien, die ihre Häuser als Kapitalanlage brauchten, meinte der Politiker: «Das macht auch mir Bauchweh. Ich vertrete mit dem Hauseigentümerverband die normalen Leute.»

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