Am 24. September stimmt die Schweiz über die Altersvorsorge 2020, die Rentenreform, ab. Im Parlament hat die SVP die Vorlage hart bekämpft, nun hat sie aber noch nicht einmal die Abstimmungsparolen herausgegeben. Die Delegiertenversammlung dazu findet erst am 26. August, also einen Monat vor dem Entscheid, statt. Was ist da los?
Ein Grund ist laut dem Politologen Michael Hermann, dass die Abstimmung bei der SVP nicht hohe Priorität geniesst, wie er im «Tages-Anzeiger» erklärt: «Die Kernthemen der SVP sind die Europa-, Asyl- und Ausländerpolitik sowie Strafrechtsfragen.» Wenn die Partei mit aller Energie gegen die Rentenreform antreten würde, wäre die Parole schon früher erschienen, nicht erst einen Monat vor der Abstimmung: «Dann haben viele Stimmbürger ihren Entscheid schon gefasst», so Hermann.
Die «öffentliche Wirkung» erklärts
Ob diese ihrer Partei in der Frage folgen werden, ist sowieso unklar. SVP-Wählerinnen und -Wähler stimmen bei AHV-Fragen tendenziell eher auf der Seite der Linken, wie bei der Senkung des Umwandlungssatzes 2010 und der AHV-plus-Initiative der SP 2016 deutlich wurde.
Den Vorwurf der Zaghaftigkeit bestreitet SVP-Präsident Albert Rösti. Die späte Delegiertenversammlung begründet er im «Tages-Anzeiger» folgendermassen: «Hätten wir bereits an der Delegiertenversammlung vom Juni diskutiert, wäre die öffentliche Wirkung in den Sommerferien verpufft.» Darum mache es Sinn, die Vorlage erst dann zu besprechen, wenn die Abstimmungsunterlagen verschickt sind.
Auch die FDP-Basis ist gespalten
Bei der FDP steht der Kampf gegen die Reform bisher ebenfalls auf wackligen Beinen. Da Fraktionschef und Aushängeschild Ignazio Cassis mit seiner Bewerbung als Bundesrat beschäftigt ist, muss Parteipräsidentin Petra Gössi in die Bresche springen. Ihr Start ist aber missglückt, als sie sich beschwert hat, dass Auslandschweizer überproportional von der Reform profitieren würden. Damit hat sie schlimmstenfalls rund 600'000 Wählerinnen und Wähler verärgert.
Und auch bei der FDP ist noch nicht sicher, wie sehr die Basis hinter dem Beschluss der Parteielite steht. Die ehemalige Aargauer FDP-Ständerätin Christine Egerszegi – selber für die Reform – hat zwar laut «Tages-Anzeiger» schon öfters gehört, dass der 70-Franken-Zuschlag bei der Wählerschaft nicht gut ankommt. «Aber schlecht finden sie es auch, dass die FDP die Reform deswegen ablehnt und in Kauf nimmt, dass trotz der Probleme in der AHV und der zweiten Säule weiter nichts geschieht», sagt sie. (wif)