Im Kampf um die Unternehmenssteuerreform III
Wirtschaft droht den Kirchen

Obwohl Pfarrer vor der Steuerreform warnen, halten sich die Landeskirchen im Abstimmungskampf zurück. Schuld daran sei Druck aus der Wirtschaft.
Publiziert: 05.01.2017 um 15:40 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:57 Uhr
Mitinitiant des Nein-Komitees: Der Zürcher Pfarrer Res Peter will sich dem Druck der Wirtschaft nicht beugen.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

Werden die Gewinnsteuersätze für Unternehmen reduziert, brechen auch Einnahmen für die Kirchen weg. Denn diese erhalten in den meisten Kantonen einen fixen Prozentsatz der Unternehmenssteuern, warnen Pfarrer vor der Unternehmenssteuerreform III (USR III).

Die Folgen wären gemäss den Kirchenleuten Einsparungen bei der Notfallseelsorge, bei Seniorenprojekten und Sterbebegleitung. «In letzter Konsequenz» sei es sogar denkbar, dass man weniger Gottesdienste halten könne. Daher rät nun ein überkonfessionelles Komitee aus über 250 Kirchenleuten von einem Ja am 12. Februar (BLICK berichtete) ab.

Ablehnung hätte fatale Folgen

Trotz dieser Befürchtungen haben die Landeskirchen keine Nein-Parole gefasst. Dahinter stehe massiver Druck aus der Wirtschaft. So sei beiden grossen Landeskirchen im Kanton Zürich gedroht worden, dass die Zuwendungen des Kantons – derzeit 50 Millionen Franken pro Jahr – gekürzt würden, wenn sich die Kirchen offen gegen die Unternehmenssteuereform stellten.

«Uns wurde deutlich signalisiert, dass der Staatsbeitrag Opfer der Sparmassnahmen beim Kanton werden könnte, falls wir gegen die Reform antreten», sagt ein Kirchenmann der «Aargauer Zeitung». «Offen gegen die Reform anzutreten, wagen die Kirchen darum nicht.»

Gedroht wurde den Kirchenleuten auch in einem E-Mail, von dem die Zeitung Kenntnis hat. Darin führten Wirtschaftsvertreter gegenüber Kirchenleuten ins Feld: «Eine Ablehnung der USR III würde gerade auch für die Kirchen fatale Folgen haben.»

Druck von der Handelskammer

In Zürich kam der Druck unter anderem von der Handelskammer, die von FDP-Nationalrätin Regine Sauter geleitet wird. Sie war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Doch der «Aargauer Zeitung» bestätigt der FDP-Politiker und Kommunikationsberater Christian Bretscher, dass er  die beiden Präsidenten der grossen Zürcher Landeskirchen persönlich darauf aufmerksam gemacht habe, dass bei einer Ablehnung der Unternehmenssteuerreform weit grössere Einnahmenverluste drohten als bei einer Annahme.

«Und ich habe zum Ausdruck gebracht, dass ich mir als Liberaler, der sich erfolgreich für die Beibehaltung der Kirchensteuer der juristischen Personen eingesetzt hat, wünsche, dass die Kirchen nun auch unsere Argumente und Überlegungen zur USR III berücksichtigen», sagte Bretscher zur Zeitung.

«Kirchensteuern sind kein Goodwill»

Gemäss Res Peter, Pfarrer am Zürcher Neumünster und Mitinitiant des kirchlichen Nein-Komitees, habe die Wirtschaft sogar einen Pakt angeboten: Haltet euch still, wir sorgen dann dafür, dass eure Steuerausfälle kompensiert werden. Doch Peter lehnte ab. Für ihn steht fest: «Kirchensteuern sind kein Goodwill. Sie sind nicht ein Geschenk, das eine Obrigkeit gnädig verteilt oder auch nicht.»

Auch Peter ist überzeugt: «Dass die Kirchenräte im Land sich nicht gegen die Steuerreform stellen, hat sehr viel mit solchen Drohungen zu tun. Die Kirchen wollen es sich nicht mit der bürgerlichen Politik verscherzen, die in den meisten Parlamenten die Mehrheit hat.» (sf)

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