Grüne und Grünliberale streiten erbittert über die USR III
Wer glaubt wem?

Bei einem Ja zur Unternehmenssteuerreform III drohen dem Mittelstand höhere Steuerrechnungen, prophezeit der Zürcher Finanzvorstand Daniel Leupi. Martin Bäumle hält dagegen: Laut dem Dübendorfer Finanzchef bedeutet ein Nein höchstens geringe Steuerausfälle für den Staat.
Publiziert: 01.01.2017 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 07.10.2018 um 11:00 Uhr
1/2
Daniel Leupi, Zürcher Finanzvorstand: Der Mittelstand zahlt am Schluss die Zeche.
Foto: Walter Bieri
Marcel Odermatt

Der Grüne Daniel Leupi (51) leitet die Finanzen der Wirtschaftsmetro­pole Zürich, der Grünliberale Martin Bäumle (52) jene von Dübendorf ZH, einer Vorortsgemeinde der Limmatstadt. Statt Grosskonzernen beherbergt die kleine Stadt mit 25'000 Einwohnern und 15'000 Arbeitsplätzen viel Gewerbe und zahlreiche kleinere Firmen.

Wenn es um die Unter­nehmenssteuerreform III (USR III) geht, stehen die beiden Politiker darum in unversöhnlichen Lagern: Leupi warnt bei einem Ja vor «jährlichen Steuerausfällen von 300 Mil­lionen», laut Bäumle wird es dagegen bei ­einem Nein «sehr schmerzhaft».

Wie ist es möglich, dass zwei Finanzvorsteher aus in vielen Aspekten vergleichbaren politischen Lagern zu gegensätzlichen Schlussfolgerungen gelangen?

Im Wesentlichen hat das mit dem Ziel der USR III zu tun, die ermässigte Besteuerung von Holdinggesellschaften abzuschaffen und durch international besser akzeptierte Abzüge zu ersetzen.

«Beides zusammen halte ich für übertrieben»

In der Stadt Zürich sind aktuell nur vier Prozent der Unternehmen steuerlich privilegiert. «Von der USR III profitieren aber alle, auch die 96 Prozent, die gar nicht im Fokus der Reform stehen», sagt Leupi. Der Kanton Zürich wolle alle vom Bund zur Verfügung gestellten Massnahmen umsetzen und zudem den Steuersatz senken. «Beides zusammen halte ich für übertrieben», erklärt Leupi.

Bäumle beurteilt die Situa­tion für seine Stadt anders. «Die USR III wird den ganzen Standort Schweiz stärken», sagt der Präsident der GLP. Leupi und sein Zürich sähen nur die negativen Statistiken, dramatisierten sie gezielt und blendeten bewusst aus, dass ohne Reform viel mehr Steuerausfälle drohten.

Was Nationalrat Bäumle damit meint: Die USR III ist notwendig, damit auch Dübendorf steuerlich konkurrenzfähig bleibt. Dadurch blieben die Firmen oder neue siedelten sich an, was wiederum für höhere Steuereinnahmen sorge – so ­jedenfalls Bäumles Prognose. Er glaubt daher auch nicht, dass Dübendorf bei einem Ja zur USRIII Leistungen abbauen müsse: «Wir rechnen mittelfristig mit geringen Ausfällen.»

Ganz anders tönt es aus der Kantonshauptstadt. Laut ­Finanzvorstand Leupi müsse durch die Unternehmenssteuerreform der Mittelstand bluten – und Privatpersonen drohten Steuererhöhungen. Oder die Stadt fahre ihre Leistungen zurück – etwa bei der Kultur.

Dass die USR III helfe, die Anziehungskraft zu erhalten und zu verbessern, ist für Leupi gar nicht nötig. «Die Steuerbelastung im ohnehin schon attraktiven Wirtschaftsstandort Zürich ist nur einer von vielen Faktoren für Unternehmen.» Viele Unternehmen kämen trotz höherer Belastungen als in den Kantonen Luzern oder Zug gezielt in den Kanton Zürich.

Stimmbürger müssen sich im Februar entscheiden

Unter dem Strich ist klar: Die Stimmbürger müssen sich im Februar entscheiden. Entweder sind sie wie Bäumle der Meinung, dass attraktive Steuern mehr Unternehmen anlockten – was wenigstens mittelfristig mehr Steuerertrag bedeute.

Oder sie befürchten wie Leupi, dass die Steuerausfälle beim Staat Abbaumassnahmen zur Folge hätten oder Steuererhöhungen beim Durchschnittsbürger als Konsequenz drohten.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?