Energiewende
Nur noch wenige offene Fragen zur Energiestrategie

Die Energiestrategie befindet sich auf der Zielgeraden. Der Nationalrat ist am Montag in umstrittenen Punkten auf die Linie des Ständerates eingeschwenkt. Damit bestehen nur noch wenige Differenzen. Die Debatte bleibt aber emotional.
Publiziert: 12.09.2016 um 17:34 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 17:34 Uhr
Im Nationalrat haben am Montag die geplanten Subventionen für Grosswasserkraftwerke erneut für Diskussionen gesorgt. Die Gegner unterlagen jedoch. (Symbolbild)
Foto: KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

Geeinigt haben sich die Räte auf Ziele für erneuerbare Energien ohne Wasserkraft, die heute rund 3 Terawattstunden beitragen: Im Jahr 2020 soll die durchschnittliche Jahresproduktion bei mindestens 4,4 und im Jahr 2035 bei 11,4 Terawattstunden liegen.

Der Bundesrat wollte das Ziel für 2035 bei 14,5 Terawattstunden festlegen. Der Nationalrat hatte sich zunächst dafür ausgesprochen. Nun beschloss er aber mit 132 zu 57 Stimmen, dem Ständerat zu folgen und den Zielwert nach unten zu korrigieren. Das höhere Ziel sei unrealistisch, befand die Mehrheit.

Bastien Girod (Grüne/ZH) rief vergeblich dazu auf, keine weiteren Abstriche zu machen. Die Energiestrategie sei ohnehin schon ein «gerupftes Huhn». Adèle Thorens (Grüne/VD) stellte fest, auf der Warteliste für Fördergelder seien so viele Anlagen, dass damit der Strom aus drei Atomkraftwerken ersetzt werden könnte. Hans Grunder (BDP/BE) befand, der Unterschied sei nicht matchentscheidend. Es handle sich lediglich um Richtwerte.

Bei den Subventionen für Grosswasserkraftwerke folgte der Nationalrat ebenfalls dem Ständerat. Schon in der letzten Beratungsrunde hatten sich die Räte eigentlich darauf geeinigt, dass die Werke künftig Subventionen erhalten sollen, wenn sie den Strom zu tiefen Preisen verkaufen müssen. Umstritten waren nur noch Einzelheiten.

Eine rechte Minderheit beantragte jedoch, die Subventionen wieder zu streichen - und löste damit Kritik aus. Die SVP sei in dieser Frage «völlig am Herumeiern», sagte Beat Jans (SP/BS). Sie selbst habe ja diese Subventionen verlangt. Bei einem Nein würde das Geld für Sonnen- und Windenergie verwendet.

Bastien Girod (Grüne/ZH) warf der SVP vor, bereits den Abstimmungskampf im Blick zu haben und die Betreiber von Wasserkraftwerken auf die Seite der Gegner ziehen zu wollen. Albert Rösti (SVP/BE) widersprach. Es sei umgekehrt: Die Verfechter der Energiestrategie wollten mit den Subventionen für die Wasserkraft die Bergkantone kaufen. Der Nationalrat sprach sich schliesslich mit 110 zu 78 Stimmen bei 3 Enthaltungen für die Subventionen gemäss Ständerat aus.

Ferner beschloss er, auf Bestimmungen zu Grossheizungen sowie auf den von ihm vorgeschlagenen Landwirtschaftsbonus für Biogasanlagen mit Hofdünger zu verzichten. Energieministerin Doris Leuthard hatte zu bedenken gegeben, dass die Biogasanlagen weit von der Wirtschaftlichkeit entfernt seien.

Weitgehend geeinigt haben sich die Räte bei der Ausgestaltung der neuen Steuerabzüge für Gebäudesanierungen. Der Nationalrat wollte Steuerabzüge zunächst für sämtliche Ersatzneubauten zulassen. Die Abzüge sollten zudem über insgesamt fünf Steuerperioden verteilt werden können.

Der Ständerat stellte sich erst gegen neue Abzüge. In der letzten Session beschloss er, dem Nationalrat ein Stück entgegenzukommen. Demnach sollen bei Neubauten die Kosten für den Rückbau des alten Gebäudes abgezogen werden können. Der Nationalrat ist damit einverstanden, möchte aber einen Abzug verteilt auf drei Steuerperioden ermöglichen.

Umstritten bleibt noch die Frage, unter welchen Voraussetzungen Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien in Naturschutzgebieten gebaut werden dürfen. Der Nationalrat beschloss hier mit 100 zu 88 Stimmen, an seiner Fassung festzuhalten. Diese betont das nationale Interesse an Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien stärker als jene des Ständerates.

Konkret ist umstritten, ob die Schutz- und Nutzungsinteressen als «gleichrangig» oder «grundsätzlich gleichrangig» betrachtet werden sollen. Leuthard wies darauf hin, dass es nicht bloss um eine stilistische Differenz gehe. Ohne das Wort «grundsätzlich» könne der Artikel so verstanden werden, dass das Parlament die Interessenabwägung im Einzelfall vorwegnehme. Der Nationalrat blieb dennoch bei «gleichrangig».

Weiterhin nichts wissen will der Nationalrat schliesslich von Auktionen zur Bestimmung des Vergütungssatzes für Strom aus erneuerbaren Energien. Der Bundesrat und der Ständerat möchten für bestimmte Anlagetypen solche Auktionen ermöglichen, der Nationalrat lehnt das ab. Hinzu kommen zwei weitere kleine Differenzen.

Das erste Massnahmenpaket zur Energiestrategie geht mit diesen zurück an den Ständerat. Sind alle Differenzen bereinigt, kommt das Geschäft am Ende der Session in die Schlussabstimmung. Dass es dort scheitert, wird nicht erwartet. Die SVP und die Mehrheit der FDP lehnen die Vorlage zwar ab. Für ein Nein müsste die FDP aber geschlossen dagegen stimmen.

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