Energiewende
Änderungen im Energiegesetz spalten Organisationen

Vor der Abstimmung zur Energiestrategie kämpfen längst nicht alle Organisationen mit geschlossenen Reihen. FDP und Wirtschaft sind gespalten, die Bauern stellen sich für einmal gegen die SVP, und einzelne Umwelt- und Landschaftsschützer stellen sich quer.
Publiziert: 17.04.2017 um 09:10 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:00 Uhr
Wichtiger Beitrag zur Energiewende oder Verschandelung der Landschaft? Landschaftsschützer sind sich bei der Energiestrategie uneins. Im Bild: Windenergieanlage beim Nufenenpass.
Foto: KEYSTONE/OLIVIER MAIRE

Innerhalb der FDP gehen die Meinungen zum neuen Energiegesetz weit auseinander. Freisinnige engagieren sich sowohl im Pro- als auch im Gegenkomitee. Die Delegiertenversammlung fasste mit einer knappen Mehrheit von nur 175 zu 163 Stimmen die Ja-Parole.

Jungfreisinnige und bisher vier Kantonalparteien wiederum setzen sich anders als die Mutterpartei für ein Nein zur Energiestrategie ein. Parteipräsidentin Petra Gössi ist eine bekennende Gegnerin des neuen Gesetzes. Und auch der ehemalige FDP-Bundesrat Pascal Couchepin äusserte sich in mehreren Medien kritisch zur Vorlage.

Die SVP, welche das Referendum gegen das Energiegesetz ergriffen hat, tritt zwar geeint auf. Die Bauern, die häufig auf der gleichen Linie politisieren, stellen sich für einmal aber gegen die Partei.

Grund sind die staatlichen Fördergelder, auf welche die Landwirte hoffen. Auf Dächern von Ställen und Scheunen soll über Photovoltaik umweltfreundlicher Strom erzeugt werden. Mit Hofdünger wollen die Landwirte in Biogasanlagen Strom und Wärme produzieren.

Viele solcher Projekte seien bereits geplant und stünden auf der Warteliste für die «Kostendeckende Einspeisevergütung» (KEV), schreibt der Bauernverband in einer Stellungnahme. Sie könnten aber nur in die staatliche Förderung aufgenommen und realisiert werden, wenn das Stimmvolk am 21. Mai Ja sage zur Energiestrategie 2050.

Völlig uneins ist für einmal die Wirtschaft. Der Dachverband economiesuisse hat deshalb beschlossen, keine Parole zu fassen. Für ein Ja plädieren vor allem jene Wirtschaftsvertreter, die von der Energiewende profitieren können, so etwa der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband oder der Fachverband für Sonnenenergie Swisssolar. Auch der Gewerbeverband hat die Ja-Parole gefasst.

Auf der Gegenseite kämpfen vor allem jene, die vor steigenden Energiekosten und Versorgungslücken warnen. Verbände der Maschinen- und Pharmaindustrie sowie GastroSuisse engagieren sich gegen das Energiegesetz.

Unterstützung erhält das neue Energiegesetz von Umweltschutzorganisationen: Greenpeace, Pro Natura, BirdLife Schweiz und WWF Schweiz stellen sich hinter die Energiestrategie.

Allerdings erhält ausgerechnet der WWF Gegenwind aus den eigenen Reihen: Der ehemalige Direktor Philippe Roch engagiert sich in einem Umwelt-Komitee gegen das Energiegesetz. In einem Interview mit der Zeitung «24 heures» warnte der einstige Direktor des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) vor den Folgen für die Natur.

Auch bei den Landschaftsschützern stellen sich Spitzenvertreter gegen die Meinung ihrer Organisation. Während die Stiftung für Landschaftsschutz für ein Ja wirbt, kämpft Stiftungspräsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri (SO) für ein Nein, wie das «St. Galler Tagblatt» und die «Luzerner Zeitung» berichteten. Gleich tut es Fluri der ehemalige Geschäftsführer der Stiftung, Hans Weiss.

Sukkurs erhalten die Gegner zudem vom Verband Freie Landschaft Schweiz, der sich die Bekämpfung von Industrie-Windkraftwerken auf die Fahne geschrieben hat.

Mit einem «abtrünnigen Chef» kämpft schliesslich auch der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband (SWV). Dessen Mitglieder können bei einem Ja unter anderem mit Investitionsbeiträgen und einer Marktprämie rechnen. Doch vom Verbandspräsidenten darf sich der Verband keine Unterstützung erhoffen: Albert Rösti steht als SVP-Präsident an vorderster Front auf der Seite der Gegner.

Das erste Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 kommt am 21. Mai zur Abstimmung, weil die SVP dagegen das Referendum ergriffen hat. Bundesrat und Parlament wollen mit der Vorlage den Energieverbrauch senken, die Energieeffizienz erhöhen und die erneuerbaren Energien stärker fördern.

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