Ein Ja zur Anti-SRG-Initiative hätte ungeahnte Nebenwirkungen
No Billag treibt Privatsender in die Illegalität

Bei einem Ja zur No-Billag-Initiative steht in der Verfassung, dass der Bund für Radio und Fernsehen Konzessionen versteigern muss. Die Initianten verwedeln zwar ihre Forderung – damit seien nur Lizenzen für UKW-Frequenzsender gemeint. Doch steuern können sie das nicht mehr.
Publiziert: 17.12.2017 um 23:18 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 23:05 Uhr
Ein Kameramann filmt die Journalisten während der Medienkonferenz zur die No-Billag-Initiative. Nimmt man deren Wortlaut ernst, müssten künftig alle Radio und Fernsehen wieder Konzessionen haben.
Foto: ANTHONY ANEX
Andrea Willimann

Es ist ein einfacher Satz – aber einer mit möglicherweise weitreichenden Folgen. In Artikel 4 des No-Billag-Initiativtexts heisst es: «Der Bund versteigert regelmässig Konzessionen für Radio und Fernsehen.»

Wie Andreas Kleeb erklärt, wollte das Initiativkomitee damit nur die Vergabe der UKW-Frequenzen regeln, die Radios voraussichtlich bis 2024 zur Verfügung stehen. «Danach sind Konzessionen absolut unsinnig. Denn Radio- und Fernsehprogramme können heute über Internet, Kabelnetze, Satellit oder via digitale Rundfunkplattformen wie DAB oder DVB-T verbreitet werden, die frei zugänglich und nahezu unbegrenzt sind.» Konzessionen für alle Radio- und Fernsehveranstalter seien nie ihre Absicht gewesen, beteuert Kleeb.

Dumm gelaufen: Denn der Initiativtext mit den Änderungen des Artikels 95 Radio und Fernsehen in der Bundesverfassung, wie er am 4. März zur Abstimmung kommt, beschränkt sich nicht auf UKW. Und auch die Übergangsbestimmung zu den Änderungen, Artikel 197, enthält keine entsprechende Einschränkung.

Text und nicht Auffassung ist verpflichtend

Was aber passiert, wenn nach einem Ja zu No Billag im Parlament Pedanten am Werk sind, die den reinen Wortlaut der Initiative umsetzen wollen? Müsste der Bund wieder für alle Radios und Fernsehen Konzessionen einführen, die an die Meistbietenden verkauft würden? 

«Da sich die Auffassung der Initianten im Initiativtext nicht niedergeschlagen hat, ist diese für das Parlament nicht verpflichtend. Entscheidend ist für das Parlament vor allem der Initiativtext», teilt dazu das zuständige Bundesamt für Kommunikation (Bakom) BLICK mit.

Auch DAB+ ist nicht unbeschränkt

Laut Bakom wäre bei der künftigen Versteigerung von Konzessionen der Zugang zu allen knappen Verbreitungsressourcen gesetzlich zu regeln – nicht nur bei UKW, sondern auch bei DAB+ oder DVB-T.

Aufgrund des technischen Wandels sei die zukünftige Bedeutung solcher Konzessionen zwar zu relativieren. «Knappe Güter, sprich Frequenzen oder Programmplätze, wird es aber auch unter digitalen Bedingungen voraussichtlich weiterhin geben», erinnert das Bakom.

Die DAB+-Frequenzblöcke werden im internationalen Rahmen an die einzelnen Länder verteilt. Die Schweiz hat pro Sprachregion sieben Stück erhalten. Das heisst, an einem Ort sind maximal sieben Frequenzen à 18 Programmplätze verfügbar. Ähnlich verhält es sich beim wenig genutzten digitalen Fernsehen DVB-T. 

Bakom befürchtet grossen Aufwand

Heute besteht für die Schweizer Programmveranstalter nur eine Meldepflicht beim Bakom. Dem Gesetzgeber steht es aber nach einem Ja zu No Billag theoretisch offen, wieder ein reines Konzessionierungssystem einzuführen, wie es bis 2007 bestanden hat. Will heissen, für jede Radio- und Fernsehstation wäre eine offizielle Erlaubnis zwingend.

Ein Schreckensszenario für das Bakom: «Eine Rückkehr zu einer Konzessionspflicht und deren Durchsetzung wäre im digitalen Zeitalter mit viel Aufwand verbunden, da man zum Beispiel im Internet sogenannte Piratensender aufspüren müsste.»

Legendärer Radiopirat der Schweiz: Roger Schawinski anno 1980.
Foto: RDB

Ältere Semester erinnern sich: Piratensender sind Schwarzsender, die innerhalb eines Staatsgebiets ein Programm ohne Lizenz ausstrahlen. So wie 1979 Roger Schawinski sein Radio 24 von einem Mast auf dem italienischen Pizzo Groppera nach Zürich ...

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