BLICK on tour zur Rentenreform 2020 – Bundesrat Berset stellt sich in Lenzburg AG seinen Gegnern
Warum verteilen Sie Geschenke, Herr Berset?

Am 24. September entscheidet das Stimmvolk über die Rentenreform. Bei BLICK on tour kreuzten Befürworter und Gegner die Klingen.
Publiziert: 12.09.2017 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:50 Uhr
Ruedi Studer und Nico Menzato

Die Rentenreform bewegt das Volk – das zeigt sich auch bei BLICK on tour gestern in Lenzburg AG. Gut 150 Personen verfolgten im alten Gemeindesaal die von Ringier-Publizist Hannes Britschgi moderierte Debatte und diskutierten angeregt mit. 

Doch zuerst gehörte die Bühne SP-Bundesrat Alain Berset (45), der von BLICK-Gruppe-Chefredaktor Christian Dorer kurz befragt wurde. Bersets Hauptbotschaft: «Nach 20 Jahren Stillstand ist es höchste Zeit für diesen ausgewogenen Kompromiss.»

In der folgenden Podiumsdiskussion kämpfte Berset flankiert von CVP-Nationalrätin Ruth Humbel (60) weiter für seine Reform. Auf der Gegenseite plädierten FDP-Chefin Petra Gössi (41) und Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt (56) für ein Nein.

Zank um 70 Stutz 

Grosser Streitpunkt blieb der 70-Franken-Zuschlag in der AHV für Neurentner. Die Befürworter sehen diesen als Teilausgleich für die Senkung des Umwandlungssatzes in den Pensionskassen. «Damit sichern wir das Rentenniveau der beiden Säulen», so Berset. Mit einer Erhöhung der Lohnprozente um gerade mal 0,3 Prozent sei der Zuschlag bis 2039 finanziert.

Humbel sieht im Zuschlag zudem einen Ausgleich für die Frauen für das höhere Rentenalter. «500'000 erwerbstätige Frauen verfügen über keine Pensionskasse, für diese ist der AHV-Zuschlag sehr wichtig.»

Für Gössi hingegen ist der AHV-Ausbau ein No-go: «Wir müssen die AHV sichern – und das geht nur, wenn wir sie nicht ausbauen.» Auch Vogt wehrte sich gegen den Zustupf. «In wirtschaftlich schwierigen Zeiten bezahlt man auch nicht höhere Löhne», zog er als Unternehmer einen Vergleich. «Das kostet viel und bringt nichts.»

Es handelt sich um eine ungerechte Scheinreform», so Vogt. Der Ausbau führe früher in ein Defizit, als Berset dies nun «schönrechne».

Was folgt auf ein Nein? 

Doch was passiert bei einem Nein? «Wenn wir nichts machen, kumuliert sich das Defizit in der AHV bis 2030 auf 18 Milliarden Franken», warnte Humbel. 

«Das ist ein Märchen!», konterte Vogt. «Die Alternative ist ja nicht, dass wir nichts machen!» Es sei bloss eine Frage des politischen Willens, rasch eine neue Reform aufzugleisen. Und Gössi legte nach: «Erst mit einem Nein ebnen wir den Weg für eine wirkliche Reform. Ein Ausbau der AHV wäre vom Tisch!»

Tatsächlich hat die FDP einen Plan B skizziert. Der wichtigste Unterschied zur Berset-Reform: Statt teilweise über die AHV soll die Senkung des Umwandlungssatzes alleine in der zweiten Säule ausgeglichen werden. Insbesondere durch einen tieferen Koordinationsabzug, wodurch die Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber stiegen.

Ganz so einfach werde das nicht, hielt der SP-Bundesrat dagegen. «Ein Nein bedeutet Nein zum Frauenrentenalter 65, Nein zur Senkung des Umwandlungssatzes und Nein zur Mehrwertsteuererhöhung.»

Damit macht er klar, dass das Gezänk um die Stossrichtung einer neuen Reform von vorne losgehen und Jahre dauern würde. «Damit laufen wir bei der AHV in eine Schuldenwirtschaft.»

Berset: «Keine perfekte Lösung, aber sie existiert»

Die jetzige Reform sei «vielleicht keine perfekte Lösung», so Berset zum Schluss. «Aber sie hat eine grosse Stärke: Sie existiert!»

Wie lange sie existiert, entscheidet das Stimmvolk am 24. September.

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