BLICK erklärt das komplexe Abstimmungspaket zur Rentenreform
Berset braucht ein Ja, Ja, Ja

Im September kommen sowohl die Erhöhung der Mehrwertsteuer als auch die Altersreform vors Volk. Acht Abstimmungs-Resultate sind möglich. Die Gegner haben drei Chancen, das Mammut-Projekt zu beerdigen.
Publiziert: 22.07.2017 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 00:30 Uhr
Das Rentenalter für Frauen soll auf 65 steigen.
Foto: Getty Images
Nico Menzato

Am 24. September stimmt die Schweiz über «die Altersvorsorge» ab, heisst es immer. Stimmt aber nicht ganz: Die Schweiz stimmt über zwei Vorlagen ab. 

Erstens über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Und zweitens über das Gesetz zur Reform der Altersvorsorge 2020.

Mehrwertsteuer und alles andere

Die Schweizer können sich also zu zwei Fragen äussern: Einerseits zur Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der AHV und andererseits zum eigentlichen Gesetz, welches das Rentenalter 65 für Frauen, die Senkung des Pensionskassen-Umwandlungssatzes und vieles mehr beinhaltet.

Diese beiden Vorlagen sind miteinander verknüpft. Weil die Höhe der Mehrwertsteuer in der Verfassung festgeschrieben ist, braucht es für eine Erhöhung eine entsprechende Anpassung. Und dafür ist wie bei jeder Verfassungsänderung neben dem Volks- auch ein Ständemehr nötig. Die Hürde für ein Ja wird höher.

Gegner haben drei Chancen, das Paket zu bodigen

Dies führt zur paradoxen Situation, dass acht Abstimmungsresultate möglich sind. Damit SP-Innenminister Alain Berset (45) sowie die Mitte-links-Parteien die Champagnerkorken knallen lassen können, brauchen sie – und dies ist Variante 1 – ein dreifaches Ja: ein Volks-Ja zur Verfassungsänderung, ein Ständemehr zur Verfassungsänderung und ein Volks-Ja zum Gesetz.

Die Gegner haben drei Chancen, das gesamte Paket bachab zu schicken. Es reicht ein einziges Nein, und die ganze Arbeit war umsonst: Ein Volks-Nein also zum Gesetz oder zur Verfassung (Variante 2 und 3) reicht dazu. Ebenso, wenn einzig das Ständemehr verpasst wird (Variante 4). 

Dazu kommen weitere drei mögliche Abstimmungsergebnisse mit doppeltem Nein. Auch diese Varianten würden dazu führen, dass das ganze Paket scheitert. Selbstverständlich ebenso bei Variante 8, einem dreifachen Nein. 

Referendum, um zu mobilisieren 

Warum das alles so komplex ist? Alles Kalkül! Westschweizer Gewerkschaften, kleine Linksparteien und Konsumentenschutzorganisationen haben erfolgreich Unterschriften gegen das Gesetz gesammelt. Obwohl klar war, dass es zur Verfassungsänderung ohnehin eine Volksabstimmung geben wird.

Gemacht haben sie dies freilich nicht aus Spass, sondern aus strategischen Gründen. Damit die Rentenreform auch von links unter Beschuss kommt. Im Parlament bekämpften die FDP und SVP die Reform erfolglos gegen eine geschlossene Mitte-links-Allianz. Mit dem Referendum wurde die Linke aufgebrochen.

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