Bitter für SP-Präsident Christian Levrat
SP-Basis tendiert zu USR-Ja

Die Sozialdemokraten setzen im Abstimmungskampf auf Protestwähler. Nun zeigt sich: Die eigene Basis holt sie damit nicht ab.
Publiziert: 01.01.2017 um 13:53 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 11:10 Uhr
SP-Präsident Christian Levrat während der Wintersession Mitte Dezember.
Foto: KEYSTONE/Peter Klaunzer
Matthias Halbeis und Moritz Kaufmann

Im April 2016 gab sich SP-Präsident Christian Levrat total siegesgewiss: «Ich bin optimistisch, dass wir gewinnen werden. Das Volk wird die Notbremse ziehen.» Die SP hatte – noch vor Ende der parlamentarischen Beratung – bekannt gemacht, dass sie gegen die Unternehmenssteuerreform III (USR III) das Referendum ergreifen werde. 58 Tage vor dem Urnengang sehen die Umfragezahlen für Levrat und die SP jetzt aber düster aus. Das geht aus Dokumenten aus dem Befürworterlager hervor, die dem SonntagsBlick vorliegen.

Im Dezember haben Levrat und seine Genossen keine neue Unterstützung bei den Stimmberechtigten gewonnen. Im Gegenteil: In den beiden letzten Wochen vor Weihnachten ist der Anteil der Gegner der Steuerreform sogar geschrumpft. Nur gerade 30 Prozent hätten Nein zur Vorlage gesagt, Anfang Dezember lag der Wert noch bei 32 Prozent. Demgegenüber verharrte das Ja-Lager bei konstanten 51 Prozent. Dieses hat im Gegensatz zur SP die Abstimmungskampagne noch gar nicht voll lanciert. Mehr oder weniger konstant ist auch das Lager der Unentschiedenen: 19 Prozent der Stimmberechtigten wissen noch nicht, wie sie stimmen sollen.

Die Zahlen erhoben hat GFS Bern, die Firma von Chef-Volksbefrager Claude Longchamp. Im Auftrag des Wirtschaft-Spitzenverbands Economiesuisse, wie aus den Unterlagen weiter hervorgeht. Die Demoskopen befragten dazu in mehreren Wellen – erstmals im September und dann jede Woche im Dezember – zwischen 1200 und 700 Stimmberechtigte in allen Landesteilen. So werden die Veränderungen bei den Gegnern und Befürwortern über die Wochen sichtbar.

Hiobsbotschaft für die SP

Am Ende der Kalenderwoche 50, also am 16. Dezember, fassen die Meinungsforscher zusammen: «Eine marginale Erosion beobachten wir hingegen im Nein-Lager.» Diese gehe einher mit der abnehmenden Mobilisierung von Protestpotenzial. Genau das ist für die SP, die mit ihrer Kampagne vor allem Stimmung gegen Konzerne und Reiche zu machen versucht, eine Hiobsbotschaft. Denn nur mit Protestwählern kann es der Partei gelingen, Unterstützung über das Rot-Grüne-Lager hinaus zu erzielen. Mit 30 Prozent Nein-Stimmen gegen die Steuerreform hat Levrat kaum mehr als der Wähleranteil seines Lagers auf seiner Seite.

Basler SP-Regierungsrätin Eva Herzog.
Foto: Stefan Bohrer

Sogar die Kantone, die vor grossen Steuerausfällen stehen, unterstützen die USR III. In der Deutschschweiz steht die Vizepräsidentin der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren, die Basler SP-Regierungsrätin Eva Herzog, zuvorderst in der Ja-Front. Und genau dafür attackierte Levrat sie im Sonntagsblick Anfang Dezember 2016 hart. Nicht weniger hart gab Herzog im BLICK zurück: Sie bezeichnet die Vorlage als ausgewogen und bezichtigten den SP-Präsidenten, er hausiere bewusst mit Falschaussagen. Wie die Zahlen von Longchamp jetzt zeigen, geriet das für Levrat zum Debakel.

Mit der Kontroverse Levrat-Herzog ist der Anteil jener SP-Wähler auf 44 Prozent gestiegen, welche die Steuerreform unterstützen. Levrat hat nicht einmal seine eigene Basis nicht hinter sich. Nur 41 Prozent der SP-Sympathisanten folgen dem Parteipräsidenten und lehnen die Vorlage ab. Levrats parteiinterne Widersacherin, die Basler SP-Regierungsrätin Eva Herzog hat bei ihrem Ja zur Reform eine relative Mehrheit der SP-Wähler hinter sich. Schlechte Nachrichten zum Jahresanfang für den SP-Chef.

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